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Sozialverhalten: Gemeinsam isst's sich anders

In Gesellschaft passen wir unsere Essgewohnheiten unserem Gegenüber an.
Gemeinsam schmeckt das Essen besser!

Zu zweit isst es sich bekanntlich besser als alleine. Wie zwei Forschergruppen nun herausgefunden haben, schmeckt es in Gesellschaft nicht nur besonders gut, sondern auch unsere Essgewohnheiten verändern sich dadurch grundlegend: Ohne es zu merken, passen wir Menge und Geschwindigkeit unserer Mahlzeit an unser Gegenüber an.

Roel Hermans von der niederländischen Radboud-Universität in Nimwegen und seine Kollegen beobachteten 70 Frauenpaare beim Essen. Die Wissenschaftler interessierten sich dabei ganz besonders dafür, wann genau ihre Probandinnen einen Bissen nahmen. Ihre Theorie: Weil beim Beobachten einer Bewegung die gleichen Zentren im Gehirn angesprochen werden, wie wenn wir die Bewegung selbst ausführen, neigen Menschen dazu, das Verhalten von anderen nachzuahmen. Beim Essen vermuteten die Forscher daher einen ähnlichen Effekt. Und tatsächlich nahmen die Versuchsteilnehmerinnen bevorzugt binnen weniger Sekunden nach ihrem Gegenüber auch einen Happen. Zudem ahmten die Probandinnen die Mimik der anderen besonders gern in den ersten zehn Minuten nach [1].

In einem Experiment des Forscherteams um Julie Exline von der Case Western Reserve University in Cleveland (US-Bundesstaat Ohio) bot eine Komplizin rund 100 Studenten und Studentinnen eine Schale mit Schokolinsen an, nachdem sie selbst eine Hand voll davon genommen hatte. Besonders diejenigen Teilnehmer griffen beherzt ins Glas, die zuvor von den Forschern als "soziotrop" eingeschätzt worden waren, also besonders viel Wert auf das Urteil ihrer Mitmenschen legen. Offensichtlich versuchten sie mit möglichst ähnlichen Essgewohnheiten wie ihr Gegenüber, nicht unhöflich zu erscheinen.

Ein ähnliches Bild bot sich Exline und ihren Kollegen in einem zweiten Versuch. Hier sollten sich die Probanden ganz bewusst Situationen aus ihrem Alltag vorstellen, in denen sie von anderen dazu gedrängt worden waren, mehr oder besonders ungesunde Speisen zu essen. Auch hier erwiesen sich die Soziotropen als nachgiebiger und aßen mehr, obwohl sie gar keinen Appetit darauf hatten [2].

Soziotrope Menschen sind besonders darum bemüht, anderen ein gutes Gefühl zu geben. Da Essgewohnheiten auch im sozialen Kontext eine große Rolle spielen, achten vor allem derart soziale Menschen sehr auf ihr Verhalten. Mehrere wissenschaftliche Studien haben bereits gezeigt, dass eine gesunde und bewusste Ernährung von Außenstehenden als Herausforderung aufgefasst werden kann. So werden Menschen, die lieber auf ein Stück Kuchen verzichten, zwar als attraktiver und disziplinierter empfunden, aber auch als weniger sozial und sympathisch.

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