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Genetik: Genom des Seeigels analysiert

Seeigel <i>Strongylocentotus purpuratus</i>
Forscher haben die 814 Millionen Basenpaare einer Seeigel-DNA analysiert und damit das erste Genom eines Stachelhäuters entziffert. Diese Tiergruppe gehört mit allen Wirbeltieren inklusive des Menschen zu den so genannten Neumundtieren, die sich von der zweiten großen Sammlung der Urmundtiere deutlich unterscheiden. Differenzen und Gemeinsamkeiten der beiden großen Unterkategorien des mehrzelligen Lebens werden durch die Sequenzierarbeit nun auch genetisch fassbar, so die beteiligten Wissenschaftler [1].

Im untersuchten Seeigel der Spezies Strongylocentrotus purpuratus identifizierten die Erbgutanalysatoren des internationalen Sequenzierungs-Konsortiums 23 300 Gene, von denen 7077 auch analog in der DNA des Menschen zu finden sind.

Als überraschend vielgestaltig erwiesen sich die Gene des Stachelhäuter-Immunsystems. Neben den erwartet vielen Abschnitten, in denen Moleküle des so genannten angeborenen Immunsystems kodiert sind – einem ursprünglichen Zweig der Körperabwehr – fanden die Wissenschaftler auch typische Gene für eine adaptive Abwehr. Diese eigentlich für Wirbeltiere typische Form des Immunsystems reagiert spezifisch auf Eindringlinge mit maßgeschneiderten, vermehrt produzierten Antikörpern und Abwehrzellen. Viele der für solche Reaktionen zuständigen Kontrollgene kommen auch beim Seeigel vor, so die Forscher verblüfft. Die Erbanlagen zur Produktion von Antikörpern – also einem Kernstück der adaptiven Abwehr – besitzen die Seeigel jedoch nicht.

Weiterhin tragen die Stachelhäuter DNA-Sequenzen, die bei Menschen bestimmten Sinnesfunktionen zugeordnet werden – etwa Gene für das Schmecken, Hören, Balancehalten und Sehen. Die Sehgene werden in den Füßen der augenlosen Tiere aktiviert und ermöglichen dem Seeigel eine Hell-Dunkel-Wahrnehmung.

Die Aktivitätsmuster der Seeigel-Gene in den ersten zwei Tagen eines Embryos nach der Befruchtung haben die Forscher um Viktor Stolc von der Ames Genome Research Facility durch Boten-RNA-Analysen kartiert. Das dabei erhaltene "Transkriptom" belegt, dass schon in den ersten 48 Stunden rund die Hälfte aller Gene des Tieres abgelesen werden [2].

Die Forscher profitierten bei ihrer Arbeit von den Fortschritten der Sequenzierungstechnik: Keines der bisher von anderen Organismen erstellten Transkriptome ist in so kurzer Zeit erstellt worden wie das des Seeigels. (jo)

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