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News: Genstamm der Stammzellen

Was macht eine Stammzelle zur Stammzelle? Einige hundert Gene - deren Funktionen allerdings noch weitgehend unbekannt sind.
Im Jahr 1895 beschrieb der deutsche Zoologe Valentin Haecker die Embryonalentwicklung des Ruderfußkrebses Cyclops und prägte dabei einen Begriff, dessen zukünftige Bedeutung er nicht vorhersehen konnte: Er bezeichnete die frühen Zellstadien des Embryos als – Stammzellen.

Einhundert Jahre später wird dieser Begriff heiß diskutiert – gelten doch Stammzellen als wahre Alleskönner und Wunderheiler. Haecker erkannte bereits, dass die embryonalen Stammzellen sich in alle Gewebetypen des Organismus differenzieren können. Und diese Pluripotenz macht sie für die Medizin so interessant: Ließen sich doch mit nur wenigen Stammzellen zerstörte Gewebe, wie im Nervensystem oder im Knochenmark, regenerieren und damit heute noch unheilbare Krankheiten behandeln. Die rettenden Zellen müssten jedoch aus einem menschlichen Embryo entnommen werden – der diese Prozedur nicht überlebt.

Eine Alternative könnten adulte Stammzellen sein, die jeder von uns in seinem Körper trägt. So produzieren beispielsweise die hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark ständig neue Blutzellen. Leider sind diese Zellen nicht mehr pluripotent, sondern nur noch multipotent – sie haben die Fähigkeit verloren, sich in jeden beliebigen Gewebetyp zu verwandeln.

Doch was macht eine Stammzelle zur Stammzelle? Die Antwort muss in den Genen liegen. Deshalb haben jetzt drei Arbeitsgruppen versucht, die hierfür entscheidenden Gene aufzuprüren: Miguel Ramalho-Santos und seine Mitarbeiter von der Harvard University verglichen das genetische Programm von embryonalen, neuralen und hämatopoetischen Stammzellen der Maus [1], während Natalie Ivanova und ihre Kollegen von der Princeton University zusätzlich das Genexpressionsmuster hämatopoetischer Stammzellen von der Maus und vom Menschen analysierten [2]. Und Jason Hackney von Princeton University interessierte sich für die Zellen in der unmittelbaren Nachbarschaft der hämatopoetischen Stammzellen [3].

Das Verfahren war dabei jeweils gleich: Auf so genannten Gen-Chips fixierten die Wissenschaftler DNA von mehreren tausend Genen und analysierten, welche Boten-RNA-Moleküle aus den Zellen auf den Chips binden. Damit ließ sich die Aktivität mehrerer Gene gleichzeitig testen.

Es stellte sich heraus, dass sich die verschiedenen Stammzelltypen in einigen hundert aktiven Genen gleichen: So entdeckte Ramalho-Santos insgesamt 216 identische Gene, die bei der Maus sowohl in den adulten Stammzellen aus Nervengewebe und Knochenmark als auch in den embryonalen Stammzellen abgelesen werden. Die Arbeitsgruppe von Ivanova fand insgesamt 283 identische Gene in den Stammzelltypen. Und etwa 4000 Gene sind bei den umliegenden Zellen aktiv, welche die Stammzellen versorgen.

Doch was tun die Gene, die eine Zelle zur Stammzelle machen? Etwa die Hälfte von ihnen ist für Zellkommunikation, DNA-Verdopplung oder Stressantworten zuständig. Bei den anderen Genen rätseln die Wissenschaftler noch über die Funktion. Somit bleibt noch viel zu tun, wie auch Douglas Melton, Arbeitsgruppenleiter von der Harvard University, anmerkt: "Es bedarf sicherlich noch ein gutes Jahrzehnt Arbeit, nur um die Funktion dieser Gene zu bestimmen, von denen wir jetzt wissen, dass sie für Stammzellen charakteristisch sind."

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