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News: Gestörter Schlaf

Unbemerkt lauert der Tuberkulose-Erreger weltweit in den Körpern von schätzungsweise 1,9 Milliarden Menschen. Eingeschlossen in eine sauerstoffreduzierte Gewebekapsel überdauert der Erreger, doch es gibt eine Lücke in seiner Abwehr. Ein Regulationsgen ist für die ersten Schritte der Ruhephase verantwortlich. Wird es ausgeschaltet, kann das Bakterium nicht mehr die angemessene genetische Antwort einleiten, und sein Schlaf wird gestört.
"Wie ein Kollege einst sagte: Der größte Risikofaktor für Tuberkulose ist atmen," beschreibt David Sherman von der University of Washington die Heimtücke des Krankheitserregers. Der Auslöser der Krankheit, das Bakterium Mycobacterium tuberculosis, verbreitet sich durch Tröpfcheninfektionen und ist schon mit wenigen Exemplaren im Speichel eines Patienten mit offener Tuberkulose ansteckend. Weltweit trägt mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung das Bakterium unbemerkt mit sich herum, und jedes Jahr sterben über drei Millionen Menschen an der Krankheit.

90 Prozent derjenigen, die das Bakterium unbemerkt beheimaten, reagieren zwar auf einen Bakteriumtest positiv, entwickeln aber niemals die aktive Form mit zunächst unspezifischen Symptomen wie Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Gewichtsverlust. Denn normalerweise kapselt der Körper den Eindringling sofort in eine weiche Masse aus Gewebe ein. Das so genannte Granuloma lässt den Bakterien nur wenig Sauerstoff, und in dieser Mangelsituation legen sie eine Ruhephase ein, geleitet durch ihr Gene.

Eingeleitet wird dieser Zustand durch ein Regulatorgen, das die Arbeitsgruppe von David Sherman nun ausfindig gemacht hat. Unter Laborbedingungen setzten sie das Gen außer Gefecht und stoppten somit die ersten Schritte, die zur Anpassung an die sauerstoffarmen Bedingungen nötig sind. So entdeckten sie das zentrale Gen, das in den latenten Infektionen so vieler Menschen eine große Rolle spielt.

Sherman nimmt an, dass die Bakterien mit dem ausgeschalteten Gen nicht mehr in der Lage sind, dem Angriff des körpereigenen Immunsystems zu entkommen. "Unsere Hypothese ist, dass die Gene von Mycobacterium tuberculosis in Wellen aktiviert werden", sagte Sherman. "Wenn wir die erste Antwortwelle abwehren, könnten wir die ganze Anpassung in einem latenten Zustand halten." Die Unterbrechung dieses Prozesses könnte eine wirkungsvolle neue Methode im Kampf gegen den tödlichen Erreger sein. Weiterführende Arbeiten, die einen Zusammenhang zwischen dem Gen und latenter Tuberkulose bei Menschen herstellen sollen, sind unterwegs.

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