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Mathematik-Preis: Gewinner der Fields-Medaillen bekanntgegeben

Die Auszeichnung wird ähnlich hoch geschätzt wie der Nobelpreis, wird aber satzungsgemäß nur an "junge" Mathematiker vergeben. Vier Forscher durften zur Eröffnung des Internationalen Mathematiker-Kongresses in Seoul am 13. August ihre Medaillen in Empfang nehmen.
Die Fields-Medaille

Artur Ávila (*1979 in Rio de Janeiro)

Artur Ávila, geboren am 29. Juni 1979 in Rio de Janeiro, heute Professor an der Université Paris 7, gilt als der führende Forscher in der Theorie der dynamischen Systeme ("Chaostheorie").

Artur Ávila | Artur Ávila ist Professor an der Université Paris 7.

Neben zahlreichen anderen Errungenschaften hat er für zwei klassische, intensiv studierte Systeme die Theorie zu einem Abschluss gebracht: die Iteration von Funktionen auf einem reellen Intervall mit genau einem Maximum ("unimodale Funktionen"), an denen Phänomene wie die Feigenbaum-Konstante entdeckt wurden, und die Iteration von Funktionen der Form f (z) = z d + c in der komplexen Ebene, deren Spezialfall d = 2 auf die berühmte Mandelbrot-Menge führt. In der Theorie der Billardspiele bewies er mehrere ungelöste Vermutungen. Ausdrücklich rühmt das Preiskomitee seine kollaborative Vorgehensweise als beispielhaft. In der Tat hat die weit überwiegende Mehrheit der Arbeiten in seiner Veröffentlichungsliste noch einen weiteren Autor.

Manjul Bhargava (*1974 in Hamilton, Kanada)

Manjul Bhargava, geboren am 8. August 1974 in Hamilton (Ontario, Kanada) und damit gerade noch unter der offiziellen Altersgrenze von 40 Jahren, überraschte 2001 die Fachwelt, indem er einem längst abgeschlossen geglaubten Feld noch etwas Neues hinzufügte.

Manjul Bhargava | Manjul Bhargava, geboren am 8. August 1974 in Hamilton (Ontario, Kanada), ist Professor für Mathematik an der Princeton University.

Kein Geringerer als Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855) hatte in seinen "Disquisitiones Arithmeticae" von 1801 die Zahlentheorie in ihrer heutigen Form begründet. Den Großteil des Werks nimmt die Theorie von Ausdrücken der Form ax2 + bxy + cy2 ("quadratische Formen") ein, wobei alle Variablen ganze Zahlen sein sollen. Zu den von Gauß bewiesenen Sätzen über eine spezielle Zusammensetzung ("Komposition") quadratischer Formen fand Bhargava eine weit reichende Verallgemeinerung: Er entwickelte 13 neue Kompositionsgesetze und eine übergreifende Theorie dazu.

Gemeinsam mit Arul Shankar erzielte Bhargava einen Teilerfolg zu einem der Millennium-Probleme: Die beiden Zahlentheoretiker konnten zeigen, dass die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer (siehe "Elliptische Kurven und eine kühne Vermutung, SdW 1/2009) für einen erheblichen Teil der elliptischen Kurven, auf die sie sich bezieht, tatsächlich zutrifft.

Martin Hairer (*1975 in Österreich)

Der Österreicher Martin Hairer, geboren am 14. November 1975, erarbeitete eine Theorie der Regularitätsstrukturen für stochastische partielle Differenzialgleichungen. Es handelt sich um eine Verschärfung des Problems, die brownsche Molekularbewegung mathematisch korrekt zu erfassen. Diese ist abstrakt gesehen der Weg eines einzelnen Punkts, der von einer Vielzahl zufälliger Einflüsse gestört wird. Für die mathematische Theorie dazu erhielt Kiyoshi Itô 2006 die erste je verliehene Gauß-Medaille (siehe "Die Integration des Zufalls", SdW 9/2006)

Martin Hairer | Martin Hairer ist Professor für Mathematik an der Warwick University.

In Hairers Werk tritt an die Stelle eines einzelnen Punkts eine Funktion, die zum Beispiel Bewegung und Druck eines Gases in einem ganzen Raumbereich beschreibt. Das Problem wird dadurch so viel schwieriger, dass befriedigende Ergebnisse bislang nur für wenige einfache Spezialfälle vorlagen. Hairer schuf eine Theorie für den prominentesten nichttrivialen Vertreter dieser Problemklasse, die Navier-Stokes-Gleichung, die das Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen beschreibt (siehe "Turbulenzen um die Fluidmechanik", SdW 4/2009).

Maryam Mirzakhani (*1977 in Teheran)

Maryam Mirzakhani, geboren im Mai 1977 in Teheran und seit 2008 Professorin an der Stanford University, ist die erste Frau, der je eine Fields-Medaille verliehen wurde.

Maryam Mirzakhani | Maryam Mirzakhani ist Professorin für Mathematik an der Stanford University.

Ihr Weg über immer höhere Stufen der Abstraktion beginnt mit kompakten riemannschen Flächen; das sind Gebilde, die für einen kurzsichtigen Betrachter an jeder Stelle so aussehen wie die komplexe Zahlenebene, aber nicht bis ins Unendliche ausgedehnt sind wie diese, sondern eine geschlossene Form mit mehr oder weniger Löchern (Kugeloberfläche, Torus, Brezel, ...) annehmen. Eine Stufe höher ist jede solche Fläche nichts weiter als ein Punkt in einem noch abstrakteren "Modulraum". Seiner Abstraktheit zum Trotz verfügt der Modulraum über geometrische Eigenschaften; so gibt es in ihm Kurven, die zwischen je zweien ihrer Punkte die kürzeste Verbindung bilden ("Geodätische"). Das sind auf der Kugeloberfläche Kreise, deren Mittelpunkt im Kugelmittelpunkt liegt; hat der abstrakte Raum jedoch Löcher, so kann es viele Klassen von Geodätischen geben, die sich auf die verschiedenste Weise um die Löcher winden.

Mirzakhani fand Formeln für die Anzahl dieser Klassen; mit deren Hilfe erreichte sie weitere Resultate, darunter einen neuen Beweis einer Vermutung von Edward Witten, dem bisher einzigen Physiker, der (1990) mit der Fields-Medaille geehrt wurde. Witten hatte zutreffend vermutet, dass zwei verschiedene theoretische Modelle für die zweidimensionale Gravitation auf dasselbe hinauslaufen; der erste, kompliziertere Beweis dafür stammt von Maxim Kontsevich (Fields-Medaille 1998).

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