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News: Gezählte Zellteilung

Je mehr Zellteilungen eine Zelle auf dem Buckel hat, desto kürzer werden die Enden ihrer Chromosomen, und ihr Tod rückt immer näher. Doch wie zählt eine Zelle, und wo speichert sie die Information, dass sie sich bald selbst entsorgen muss? Die Antwort scheinen so genannte stille Gene zu sein, die vor den sich verkürzenden Chromosomenenden liegen. Sie werden erst angeschaltet, wenn eine kritische Länge unterschritten ist.
In normalen Zellen verkürzt sich mit jedem Zellzyklus die Chromosomenlänge bis die Enden eine kritische Länge unterschritten haben und die Zelle daraufhin in den gerichteten Selbstmord steuert. Nur in den sich unaufhörlich vermehrenden Krebszellen, Stammzellen, Zellen der Keimbahn und bestimmten Vorläuferzellen für Leber, Darm, Blut und Immunsystem verlängert das Enzym Telomerase die Enden kontinuierlich. Die Zellen altern nicht und sterben dementsprechend auch nicht ab. Doch von diesen Künstlern abgesehen, unterliegen alle anderen Körperzellen dem Tod, wenn ihre Telomere zu kurz geraten. Nur wie kann eine Zelle wissen, wann ihre Uhr abgelaufen ist?

Nun dürfte es einer Zelle schwerfallen, den Überblick über die schon vollführten Zellteilungen zu behalten und mitzuzählen - bis der Selbstmord vor der Tür steht. Doch es scheint, als verfügten die Chromosmenenden über ein indirektes Alarmsignal. Denn vor den Telomeren liegen stille Gene, die für die Lebensweise einer normalen Zelle bedeutungslos und nicht weiter beachtenswert sind. Erst wenn die Enden für weitere Teilungen zu kurz sind, schalten sie sich an, wie die Zellbiologen Jerry Shay und Woodring Wright des Southwestern Medical Center der University of Texas herausfanden.

Sichtbar wurde das molekulare Gedächtnis durch den Einbau eines leuchtenden Fliegen-Gens in menschliche Zellen. Wird das Gen für Luciferase abgelesen und in das entsprechende Protein übersetzt, leuchtet es – ein fluoreszierender Beweis seiner Aktivität. Je nach Lage im menschlichen Chromosom leuchtete die Luciferase jedoch unterschiedlich stark: Befand sie sich in der Mitte der Erbinformation, leuchtete es kräftig. In der Nähe der Telomerase hingegen zeigte es sich nur ein Zehntel so aktiv. Verlängerten die Zellbiologen die Enden durch den Einsatz von Telomerase, sank das Leuchten noch deutlicher. Durch den so genannten Telomerase-Positions-Effekt werden offensichtlich nahe den Telomeren gelegene Gene abgeschaltet, wobei die Stärke der Genstilllegung proportional zur Länge der bestimmenden Enden ist.

Ab einer bestimmten Telomerlänge werden die stillgelegten Gene plötzlich aktiv und als Alterungsgene abgelesen. So könnte die Zelle ganz genau wissen, wie alt sie ist und wann demnach ihr letztes Stündchen geschlagen hat – und ihrem Leben dann selbst ein Ende setzen. Nun suchen die Forscher im menschlichen Chromosom nach den normalerweise hier – an der Stelle der eingebauten Luciferase – befindlichen Genen.

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  • Quellen
Science 292(5524): 2075–2077 (2001)
University of Texas

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