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News: Gib mir deins, ich geb dir meins

Stickstofffixierende Bakterien und Leguminosen gelten als das Paradebeispiel einer harmonischen Symbiose. Doch damit diese auch harmonisch bleibt, legt der eine Partner dem anderen, wenn es sein muss, schon mal die Daumenschrauben an.
Pflanzen leben nicht nur von Wasser und Licht allein. Neben anderen Nährstoffen benötigen sie vor allem eins: Stickstoff. Diesen bauen sie aus Nitraten (NO3-) und Ammonium (NH4+) in ihre Biomoleküle ein. Wird die Biomasse, durch deren Verrottung Ammonium entsteht, als Ernte abgetragen, fehlt der Stickstoff im Boden. Nun müssen Düngemittel zugeführt werden, um diesen Nährstoffmangel wieder auszugleichen.

Sojabohne, Erbse, Bohne und Lupine sind da unabhängiger. Die zu den Leguminosen gehörenden Pflanzen haben "Beziehungen", mit denen sie sich eine weitere Stickstoffquelle erschließen: Als Knöllchenbakterien (Rhizobium leguminosarium) bezeichnete Mikroben bilden in den Wurzeln der Pflanze Knötchen und wandeln dort den molekularen Stickstoff aus der Luft (N2) in das pflanzenfreundliche Ammonium um. Die Mikroorganismen erhalten im Austausch Produkte aus der Photosynthese der Pflanzen und können es sich daher leisten, mit ihrem Stickstoff großzügig zu sein. Ein harmonisches Geben und Nehmen, wie es scheint.

Emma Lodwig und ihre Kollegen von der University of Reading in Großbritannien waren jedoch misstrauisch. Durch welchen Mechanismus kann sich der eine Partner so sicher sein, dass der andere auch tatsächlich seinen Teil des Handelsabkommens "Symbiose" erfüllt?

Die Wissenschaftler infizierten Erbsenpflanzen (Pisum sativum) mit gentechnisch veränderten Knöllchenbakterien, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Diese waren, im Gegensatz zu dem normalen Wildtyp-Stamm, nicht mehr in der Lage, Aminosäuren der Pflanzen aufzunehmen, konnte aber noch den Luftstickstoff zu Ammonium reduzieren.

Was zunächst ein Nachteil für die Bakterien zu sein schien, stellte sich als Problem für beide Partner der Symbiose heraus: Die mit dem Mutanten-Stamm infizierten Erbsenpflanzen welkten nach drei Wochen dahin. Auch enthielten ihre Wurzeln nur die Hälfte des Stickstoffes, den die Erbsen mit Wildtyp-Rhizobium-Knötchen fixierten. Warum die Pflanzen nicht einfach das von den Bakterien abgegebene Ammonium nutzten, nur weil sie selbst keine "Ware" zur Verfügung stellten, schien den Forschern zunächst ein Rätsel.

Die Lösung zu diesem Rätsel fanden sie schließlich in einem molekularen Kontrollmechanismus: Die Bakterien drehten ihren Ammonium-Hahn einfach zu, wurden sie nicht mit den entsprechenden Aminosäuren versorgt, und ließen die Erbsen entsprechend darben. Zwar wandelten die Bakterien den Luftstickstoff weiter um, gaben diesen aber nicht mehr an die Pflanze weiter.

Die "Währung", die beide Partner zwingt, ihr Symbiose-Abkommen einzuhalten, ist die Aminosäure Glutamat, so vermutet das Forscherteam. Diese wird von der Pflanze zur Verfügung gestellt, damit die Rhizobien sie in andere Aminosäuren umwandeln und mitsamt dem Ammonium wieder an die Pflanzenzelle abgeben. Wird die Bakterienzelle nicht mit Glutamat versorgt, erhält die Pflanzenzelle im Gegenzug auch keine umgewandelten Produkte, die sie für ihre eigene Aminosäuren-Synthese nutzen kann.

Die Evolution hat also ein Kontrollinstrument für die Symbiose eingerichtet. Die gegenseitigen Sanktionen, die beide Partner auf den anderen ausüben können, stellen sicher, dass keiner dominiert und das symbiotische Verhältnis bestehen bleibt.

Janet Sprent von der University of Dundee räumt dieser Studie einen besonders hohen Stellenwert ein. Denn zu den Leguminosen zählen die wichtigsten Ackerpflanzen der Welt. "Ein besseres Verständnis darüber, wie Rhizobien mit ihren Wirten kooperieren, könnte uns ermöglichen, die Stickstofffixierung dieser Pflanzen zu steuern", meint sie. Dadurch könnten möglicherweise Ernteerträge in den Ländern verbessert werden, die es am nötigsten bräuchten.

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