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Kulturfolger : Häusliche Menschen machten Hausmaus erfolgreich

Hausmäuse wollten schon immer unsere Speisekammer ausräubern. Und das sogar lange bevor der Mensch zum Landwirt wurde: Kaum setzt sich ein Nomade kurz zur Ruhe, ist die Maus schon zur Stelle.
Maus

Die Menschheit hat im Lauf ihrer Geschichte immer wieder auch die Natur um sich herum verändert. Zum ersten Mal im großen Stil geschah dies wohl, als sie allmählich sesshaft wurde. So kamen mit jedem halbwegs dauerhaften Wohnsitz unter anderem Speicher für eingelagerte Nahrung und Müllberge hinter dem Haus in Mode – beides Anlaufpunkte für wilde Schweine oder Wölfe, die dann mit der Zeit allmählich zum Haustier umerzogen wurden. Aber auch unscheinbare Geschöpfe verdanken ihren Erfolg den Zeiten, als der Mensch sein Leben auf Wanderschaft als Jäger und Sammler allmählich einstellte – etwa die Hausmaus. Wie sehr Mus musculus domesticus vom Auf und Ab in der Menschheitsgeschichte profitierte, lässt sich noch viele Jahrtausende später erkennen, meinen nun Forscher aus Israel.

Das Team um Lior Weissbrod von der Universität Haifa hatte die Idee, an verschiedenen alten Siedlungsplätzen der Levante nach Mäuseknochen und -schädeln zu graben. Dabei interessierte die Forscher vor allem, wann und wo die Hausmaus sich gegenüber ihrer lokalen Schwestersippe und Konkurrenz, der makedonischen Maus Mus macedonicus, durchsetzen konnte. Die Hausmäuse sind durch verschiedene anatomische und verhaltensbiologische Merkmale darauf eingestellt, möglichst panikfrei und doch fluchtbereit in der Nähe der Menschen ihre Chancen zu nutzen – etwa versteckt in Getreidespeichern. Und spätestens mit dem Beginn von Jungsteinzeit und Landwirtschaft fanden sie sich überall im Nahen Osten deutlich häufiger als ihre wilde Konkurrenz und stiegen von dort zum weltweit verbreiteten Kulturfolger auf.

Dabei begann der Aufschwung der Hausmäuse sogar früher als gedacht, wie die Untersuchungen zeigen: Bereits in der Kulturstufe des Natufien vor 15 000 Jahren, als von der späteren Agrarrevolution mit Getreideanbau und Co noch nichts zu ahnen war, gab es plötzlich viele Hausmäuse an Orten, an denen sich umherziehende Menschen über einige Jahre bis Jahrzehnte niederließen. Offenbar reichen solche mittelfristigen Aufenthalte für einen Boom der Hausmauspopulation. Ganz ähnliche Daten lassen sich heute noch finden, wie die Forscher weiter beweisen: In Kenia, wo Nomaden gemächlich von Lagerplatz zu Lagerplatz ziehen und dabei gelegentlich, nur alle paar Jahre einmal, umziehen, finden sich häufiger Spuren der besser an den Menschen angepassten Spezies von Acomys-Nagern.

Ganz offensichtlich, so Weissbrod, findet sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Wanderungsbewegungen des Menschen und dem Erfolg verschiedener Mäusetypen – und zwar heute in Afrika wie vor 15 000 Jahren in der Levante. Dort mussten die Tiere zwar noch lange warten, bis sie den ersten menschengemachten Käse probieren konnten. Sie hatten aber immerhin auch noch einige tausend Jahre lang Ruhe vor ihrem vom Menschen (halbwegs) domestizierten Todfeind, der Hauskatze.

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