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Dengue: Halbwirksame Antikörper fördern gefährliche Fieberviren

Mücke der Art Aedes aegypti

Das Denguefieber wird zuletzt immer häufiger als ernsthaft bedrohliche Krankheit der Zukunft wahrgenommen: Der in den Tropen durch Mücken übertragene Erreger verursacht zwar häufig nur grippeähnliche Symptome, kann aber auch innere Blutungen, hämorrhagisches Fieber oder einen fatalen Totalzusammenbruch des Immunsystems nach sich ziehen und zum Tode führen. Eine wirksame Behandlung oder vorbeugende Impfung ist nicht möglich. Schwer verläuft die Erkrankung allerdings vor allem nach einer Zweitinfektion – und dies offenbar in der Folge verschiedener Anpassungen des Immunsystems, die der Körper nach dem ersten Kontakt mit dem Virus einleitet. Einige neue Details dieser kontraproduktiven Immunreaktion hat nun ein Forscherteam um Eva Harris von der University of California in Berkeley herausgearbeitet.

Die Wissenschaftler haben die Infektionsgeschichten und die Immunreaktionen von an Denguefieber erkrankten Kindern analysiert, deren Daten im Rahmen einer Studie über mehrere Jahre hinweg gesammelt worden waren. Dabei achteten sie besonders darauf, mit welchen Varianten der vier Serotypen des Denguevirus sich die Patienten in Nicaragua im Verlauf der Zeit infiziert hatten und welchen Verlauf die Krankheit daraufhin nahm.

Dabei zeigten sich typische aufeinander folgende saisonale Wellen der Infektion mit verschiedenen Erregersubtypen. Eine Zweitinfektion der Kinder mit anderen Subtypen nahm – wie nach früheren Untersuchungen schon erwartet – häufiger einen schweren Verlauf. Dies lag allerdings nicht daran, dass von Jahr zu Jahr generell gefährlichere Virenvarianten attackierten, errechneten die Forscher – vielmehr spielte die individuelle Reaktion des Immunsystems auf den ersten Subtypus, mit dem es zu tun gehabt hatte, und die genetische Zusammensetzung des zweiten infizierenden Virus eine entscheidende Rolle.

So wirkten die nach einer ersten Attacke produzierten Antikörper – etwa gegen den in den ersten Jahren der Studie im Untersuchungsgebiet vor allem virulenten Denguevirus-Serotyp-1 (DENV-1) – zwar langfristig eben gegen DENV-1 und verliehen zunächst auch einen gewissen Teilschutz gegen den später aktiven DENV-2. Diese Kreuzimmunität nahm dann aber nach und nach ab – vor allem, als in Nicaragua eine leicht veränderte DENV-2 Variante, der Subtyp DENV-2 NI-2B auftrat. Dieser verursachte dann sehr häufig schwere Krankheitsverläufe.

Das Ergebnis ließe sich mit der seit Längerem als plausibel angesehenen, aber noch unbewiesenen Hypothese der infektionsverstärkenden Antikörpern erklären. Demnach bilden die halbwirksamen Antikörper Komplexe mit den Viren und transportieren sie zu Makrophagen, die die Erreger aber nicht neutralisieren, sondern im Gegenteil von ihm übernommen werden. Zudem könnte der Druck durch die Antikörper auch dazu führen, dass sich besonders widerstandsfähige Subtypen schneller herausselektionieren.

Schon im vergangenen Jahr hatten andere Forscher einen ähnlichen Zusammenhang wie nun Harris und Kollegen beschrieben und beobachtet, warum eine Impfung gegen eine der vier unterschiedlichen Virusvarianten sogar Nachteile haben kann. Auch Harris' Team mahnt nun an, dass ein Dengue-Impfstoff der Zukunft gegen alle vier Serotypen des Erregers und ihre aktuellen Subtypen gerichtet sein muss, um die Patienten nicht einem erhöhten Gesundheitsrisiko auszusetzen.

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  • Quellen
Sci Trans Med 3 (114), 114ra128, 2011

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