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Physiologie: Hoher Blutfluss stärkt Höhenresistenz der Tibeter

Himalaja und Tibet aus dem All betrachtet
Die Bewohner Tibets kompensieren den Sauerstoff-Mangel der dünneren Höhenluft durch eine gesteigerte Blutzufuhr in das Körpergewebe, berichten Wissenschaftler um Cynthia Beall von der Case-Western-Reserve-Universität in Cleveland. Bislang war nur unzureichend verstanden, wie die Einheimischen in Höhenlagen von durchschnittlich 4000 Metern über dem Meeresspiegel trotz der dortigen Sauerstoff-Knappheit dauerhaft leistungsfähig bleiben und kaum je Höhenkrankheiten erleiden.

Zur Verwirrung von Physiologen hatten frühere Studien gezeigt, das Tibeter geringere Sauerstoff-Konzentrationen mit gleichen Blutvolumina transportieren, insgesamt in ihrem Gewebe aber ebenso viel Sauerstoff verbrauchen wie Flachlandbewohner. Bealls Team bestimmte nun den Blutfluss von 88 Freiwilligen aus der im Mittel 4200 Meter hoch gelegenen tibetischen Region Panam Xiang und verglich ihn mit dem von US-Amerikanern.

Durch die Armarterien der Tibeter floss bei gleichem Blutdruck und Pulsschlag doppelt soviel Blut, ermittelten die Forscher. Insgesamt erhöhen die Hochlagenbewohner also den Umschlag der Atemgase deutlich.

Ursache der stärkeren Zirkulation sind größere Mengen des gefäßerweiternden Signalstoffs Stickstoffmonoxid und seiner Abbauprodukte, brachten Blutuntersuchungen ans Licht. Die Konzentrationen der Substanzen erreichten dabei Werte von Patienten mit septischem Schock, der Blutfluss Umwälzungsmengen wie bei Menschen mit extrem hohem Blutdruck. Warum die Tibeter dabei dennoch keine gesundheitlich nachteiligen Folgen erleiden sowie einen ganz normalen Blutdruck aufweisen, ist den Forschern noch unklar.

Das Wissenschaftlerteam sieht an den Tibetern, deren Vorfahren seit rund 20 000 Jahren ihre Hochlandregion besiedeln, exemplarisch die Wirkung von Evolutionsmechanismen. In weiteren Untersuchungen sollten nun die genetischen Ursachen der funktionellen Adaptation an die sauerstoffarme Höhenluft aufgedeckt werden. (jo)

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