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News: Immunbremse

Ohne Immunsystem sähe es schlecht mit uns aus. Krankheitserreger aller Art hätten leichtes Spiel und könnten uns ungehemmt überschwemmen. Doch auch für die Immunabwehr gilt: Zuviel des Guten kann ungesund sein. Ein überaktives Immunsystem schädigt die eigenen Zellen, Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose oder Diabetes sind die Folge. Kanadische Wissenschaftler entdeckten jetzt ein Enzym, das die übertriebene Immunantwort abbremst.
Die cytotoxischen T-Zellen sind die Polizei unseres Blutsystems. Für ihre Arbeit, die Vernichtung fremder Eindringlinge, müssen sie diese jedoch erst erkennen. Das geschieht über spezifische Rezeptoren auf ihrer Zelloberfläche, die an fremde Antigene binden. Erst dann ist die T-Zelle aktiviert und kann ihr zerstörerisches Werk beginnen.

Mitunter kommt es jedoch zu einer Überreaktion der T-Zellen. Sie halten körpereigene Zellen für fremd und bekämpfen diese – mit fatalen Folgen. Auch bei Organtransplantationen ist eine Immunantwort des Körpers nicht erwünscht. Doch welche Faktoren kontrollieren das Immunsystem, wie können die T-Zellen ausgebremst werden?

Dieser Frage gingen Michael Demetriou, Maria Granovsky, Sue Quaggin und James Dennis vom Samuel Lunenfeld Research Institute des Mount Sinai Hospital in Toronto nach. Sie identifizierten bei Mäusen ein Gen, welches für ein Enzym namens Mgat5 codiert. Dieses Enzym bildet Zuckerketten, die sich an die T-Zell-Rezeptoren anlagern. Daran binden wiederum spezifische Proteine, die Galektine, sodass schließlich ein Zucker-Protein-Gitter am Rezeptor der T-Zelle entsteht. Dadurch, so vermuten die Wissenschaftler, wird die Bindung des Rezeptors an ein Antigen erschwert, die T-Zelle kann nicht aktiv werden. Bei Mäusen, denen das Gen für Mgat5 fehlte, bildete sich das Zucker-Protein-Netz nicht und die T-Zellen griffen zum Teil eigene Körperzellen an. Den gleichen Effekt erzielten die Forscher bei gesunden Mäusen, wenn sie die Galektin-Bindung verhinderten. Auch dann gab es eine überaktive Immunreaktion.

"Unsere Kenntnisse über die Gene und ihre Variationen, die zu Autoimmunkrankheiten führen, sind noch sehr begrenzt", erklärt James Dennis. "Unsere Arbeit lässt vermuten, dass Abwandlungen des Mgat5-Gens bei manchen Menschen vorliegen könnten, die sie für Immunkrankheiten empfänglich machen." Sein Kollege Joseph Mapa ergänzt: "Die Schlussfolgerungen aus der Mgat5-Forschung betreffen nicht nur unser Verständnis über das Immunsystem. Sie könnten auch zur Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungsmethoden für Patienten mit Autoimmunkrankheiten sowie Krebs und HIV führen."

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  • Quellen
University of Toronto
Nature 409: 733–739 (2001)

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