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Sternhaufen: In den Klauen der Tarantel

NGC 2100 neben dem Tarantelnebel
Aufnahme des Sternhaufens NGC 2100 | Dieses Bild des Sternhaufens NGC 2100 nahm die Europäische Südsternwarte mit dem New Technology Telescope ihres La Silla Observatoriums in Chile auf. NGC 2100 liegt in der Nähe des Tarantelnebels, dessen neblige Ausläufer sich in der Aufnahme als Farbenspiel von blau leuchtendem Sauerstoff und rot leuchtendem Wasserstoff darstellen. Der kleinere Sternhaufen am rechten Bildrand wird als NGC 2092 bezeichnet.
NGC 2100 ist ein eher zurückhaltender Sternhaufen. Sein alles überstrahlender Nachbar ist der außergewöhnlich helle, fast 1000 Lichtjahre ausgedehnte Tarantelnebel, der dem Beobachter ein monströses und atemberaubendes Labyrinth aus Sternen und leuchtendem Gas und Staub bietet. Die Europäische Südsternwarte hat NGC 2100 nun mit dem New Technology Telescope NTT ihres Observatoriums auf dem 2400 Meter hohen Berg La Silla in Chile einen Moment im Rampenlicht geboten.

Die Aufnahme, die am 7. September 2011 veröffentlicht wurde, zeigt die Sterne des etwa 15 Millionen Jahre alten offenen Sternhaufens in ihren natürlichen Farben. Auch auf diesem Bild sind die Einflüsse des Tarantelnebels mit seinen jungen und heißen Sternen unverkennbar. Der Supersternhaufen RMC 136 im Zentrum des Nebels, der mit R136a1 den massereichsten und hellsten bekannten Stern beherbergt, strahlt so viel Energie ab, dass sie auch im Bild von NGC 2100 zu sehen ist. Die Sterne im Tarantelnebel regen Sauerstoff zum Aussenden sichtbaren Lichts an, das in Richtung des Nebels im oberen und rechten Bereich der Aufnahme als blaues Leuchten zu sehen ist. Das rote Leuchten am unteren Bildrand entsteht durch Wasserstoff. Kühlere Sterne regen ihn zum Leuchten an und übertönen den Einfluss der heißen Sterne von RMC 136. Die älteren Sterne in NGC 2100 senden nicht genügend energiereiche kurzwellige Strahlung aus. um sich in das Farbenspiel ihrer Umgebung einzumischen. Sie selbst erzeugen keine Nebel, die sich gegen die Einflüsse des Tarantelnebels durchsetzen könnten.

Sternkarte der Umgebung von NGC 2100 | Diese Sternkarte zeigt die Position von NGC 2100 am Südhimmel im Sternbild Schwertfisch. Der Tarantelnebel ist als grünes Quadrat dargestellt, die Position des Sternhaufens NGC 2100 ist rot eingekreist.
Das Bild entstand mit dem ESO Multi Mode Instrument (EMMI) des New Technology Telescope. Einzelaufnahmen mit verschiedenen Filtern wurden zu einem Farbbild kombiniert, das die Wahrnehmung des menschlichen Auges um infrarote und ultraviolette Spektralbereiche ergänzt. Das NTT ist ein Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 3,58 Metern, das 1989 mit der weltweit ersten aktiven Optik zur Korrektur von Spiegelkrümmungen und einem revolutionären Design sein erstes Licht sah.

NGC 2100 neben dem Tarantelnebel | Auf dieser Aufnahme ist der benachbarte Tarantelnebel zu sehen. Er ist eines der größten und spektakulärsten Sternentstehungsgebiete in der Lokalen Gruppe, einem Galaxienhaufen, zu dem auch unsere Milchstraße gehört.
NGC 2100 liegt zusammen mit dem Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke. Sie ist eine etwa 160 000 Lichtjahre entfernte Begleitgalaxie unserer Milchstraße und das hellste neblige Objekt am südlichen Nachthimmel. Der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan bemerkte sie während der ersten Weltumsegelung im Jahr 1519. Die Galaxie ist reich an Planetarischen Nebeln, Sternhaufen und exotischen Sternen und eine Fundgrube für Astronomen, um die Entstehung und Entwicklung von Sternen zu untersuchen.

New Technology Telescope der ESO | Dieses Bild zeigt das New Technology Telescope des Observatoriums auf dem 2400 Meter hohen Berg La Silla. Heute betreibt die ESO noch Teleskope an anderen Orten in Chile, besonders bekannt ist das Very Large Telescope auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal.
Verglichen mit den Sternentstehungsgebieten in seiner Nachbarschaft ist NGC 2100 wenig spektakulär. Er ist ein offener Sternhaufen, hat sich also aus derselben Materiewolke gebildet und kann keine hohe Konzentration von Sternen vorweisen. Daher sind die Sterne auch nicht stark gravitativ aneinander gebunden, wie es bei den wesentlich dichteren Kugelsternhaufen der Fall ist. Das führt dazu, dass offene Sternhaufen spätestens nach ein paar hundert Millionen Jahren durch Gezeitenkräfte von umgebenden Objekten zerrissen werden. Auch NGC 2100 steht dieses Schicksal bevor. Doch so, wie er bereits Generationen von jungen, heißen und kurzlebigen Nachbarn hat vergehen sehen, wird der stille Sternhaufen bis dahin noch viele weitere massereiche Sterne überleben, die ihm heute die Show stehlen.

Mike Beckers

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  • Quellen
ESO, 7. September 2011: www.eso.org

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