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Invasive Arten: Katzenkot bedroht seltene Arten

Verwilderte Hauskatzen gefährden seltene Inselarten nicht nur direkt durch ihren Jagdtrieb. Sie verbreiten auch einen gefährlichen Parasiten.
Hawaiigänse, auch Nene genannt, waren schon fast ausgestorben und wurden durch ein Zuchtprogramm gerettet.

Vor wenigen Jahrzehnten sprangen die Hawaiigänse (Branta sandvicensis), auch Nene genannt, dem Artentod nur knapp von der Schippe: 1949 existierten nur noch 30 bekannte Individuen in freier Wildbahn, bevor ein umfangreiches Artenschutzprogramm begann. Dank der Nachzucht in Zoos und anderen Einrichtungen leben heute wieder rund 2500 Tiere auf verschiedenen Hawaiiinseln. Ihre Zukunft ist allerdings ungesichert, da eingeschleppte Arten wie Katzen und Ratten sie weiterhin bedrohen – direkt durch die Jagd, aber wohl auch indirekt. Denn laut einer Studie von Thierry Work vom National Wildlife Health Center in Honolulu und seinem Team übertragen verwilderte Hauskatzen über ihren Kot gefährliche Parasiten auf die Wasservögel. Auf der Insel Molokai ist demnach fast die Hälfte der Gänse mit Toxoplasma gondii infiziert, der die Toxoplasmose auslösen kann und Katzen als spezifische Endwirte nutzt. Molokai gehört zu den Inseln Hawaiis, auf denen verwilderte Hauskatzen am stärksten präsent sind. Auf Maui und Kauai, wo sie weniger gehäuft auftreten, sind die Durchseuchungsraten bei den Nene mit etwas mehr als 20 Prozent nur halb so hoch.

Laut Work und Co sterben wohl nur wenige Gänse direkt durch Toxoplasmose – die Rate wird auf vier Prozent geschätzt. Doch der Parasit ist bekannt dafür, das Verhalten seiner Zwischenwirte verändern zu können, weil er auch ins Gehirn vordringt und sich dort einnisten kann. Von infizierten Mäusen ist beispielsweise bekannt, dass sie – als Zwischenwirte von Toxoplasma gondii – jegliche Furcht vor Katzen verlieren. Der Erreger verursacht wahrscheinlich bleibende Veränderungen in den Neuronen und führt dadurch zu einem Kontrollverlust bei den Nagern. Auch bei Menschen werden in verschiedenen Fällen psychische Veränderungen durch Toxoplasmose vermutet, beispielsweise dass sie psychische Störungen fördert oder die Neigung zu Jähzorn erhöht.

Bei den Nene könnte die Ansteckung bewirken, dass sie jagenden Katzen leichter zum Opfer fallen oder mit Stromleitungen beziehungsweise Autos kollidieren, weil ihre Wahrnehmung beeinträchtigt ist, vermuten Work und seine Kollegen. Diese Ursachen bilden heute die stärkste Bedrohung für die seltene Art. Allerdings müsse dieser Zusammenhang noch näher untersucht werden. Über den Katzenkot verbreitete Toxoplasmose gilt Biologen schon seit Längerem als Gefahr für wild lebende Tiere: Jeder siebte Seeotter (Enhydra lutris) stirbt einer Studie zufolge mittlerweile an der Infektion. Auch Delfine gelten als dadurch gefährdet.

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