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News: Kluge Köpfchen

Manche Menschen denken schneller als andere, weil sie bestimmte Areale in der Hirnrinde stärker aktivieren.
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Was ist Intelligenz? Diese Frage bewegt Forscher schon seit langem. Während sie früher vor allem versuchten, jene Eigenschaft an äußeren Merkmalen festzumachen, werfen sie inzwischen tiefe Blicke ins Gehirn, um Klarheit zu erlangen. Und mussten außerdem feststellen, dass es keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage gibt.

So spekulieren Intelligenzforscher mittlerweile über zehn unterschiedliche Intelligenzen, angefangen bei der mathematischen über die räumliche bis hin zur spirituellen Intelligenz. Ob sie alle existieren, wird noch diskutiert. Dass es aber nicht "die Intelligenz" an sich gibt, sie also kein einheitliches Konstrukt ist, darüber ist sich die Fachwelt einig.

Dabei gibt es mindestens zwei unterschiedliche Intelligenzen, deren Unterscheidung auf Charles Spearman (1863-1945) zurückgeht: die fluide und die kristalline Intelligenz. Die fluide Intelligenz bezeichnet die gehirnpsychologische Effizienz, also die Verarbeitungsgeschwindigkeit, mit der Probleme und Aufgaben gelöst werden. Sie scheint zu 50 bis 70 Prozent angeboren zu sein. Bei der kristallinen Intelligenz spielen dagegen Erfahrungen eine große Rolle, etwa das in Schule und Beruf sich angeeignete Wissen.

Weiß man auch, in welchen Arealen unseres Gehirns die jeweiligen intelligenten Leistungen vollbracht werden, wo schnell und vorübergehend eine Telefonnummer abgespeichert und wo der Satz des Pythagoras hoffentlich dauerhaft abgelegt wird? Dieser Frage widmeten sich nun Wissenschaftler der Washington University und der Harvard University.

Um den Sitz der fluiden Intelligenz aufzuspüren, baten Jeremy Gray, Todd Braver und ihre Kollegen insgesamt 48 Teilnehmer in ihr Labor. Alle Probanden waren gesunde Rechtshänder im Alter zwischen 18 und 37, jeweils die Hälfte Männer und Frauen. Jeder Freiwillige absolvierte zuerst einen standardisierten Intelligenztest, in dem seine fluide Intelligenz ermittelt wurde. Anschließend legten sich die Teilnehmer freiwillig eine Röhre, wo mithilfe der funktionellen Kernspintomographie (fMRI) die Aktivität des Gehirns abgebildet wird.

Ihre Gehirnaktivität offenbarend, mussten die Probanden mental mit Wörtern und Gesichtern jonglieren. Während sie auf einen Monitor schauten, präsentierten die Forscher ihnen eine Reihe von Wörtern oder Gesichtern, die miteinander nichts gemein hatten. Hierbei tauchte alle paar Sekunden ein neues Wort oder Gesicht auf, etwa wie in folgender Reihe: Hund, Katze, Stuhl, Tisch, Katze, Tür, Stuhl, Hund. Für jedes gehörte Wort mussten sie sich dabei eine geistige Notiz machen. Kam dasselbe Wort drei Wörter später wieder vor, wie in der Beispielreihe die Katze, mussten sie einen Knopf drücken.

Doch mit diesem Versuchsaufbau gaben sich die Wissenschaftler noch nicht zufrieden, sondern erschwerten ihn durch den Einbau spezieller "Köder". Diese Worte oder Gesichter waren nun keine Neulinge in der präsentierten Reihe, doch stimmten sie nicht im Abstand von drei Wörtern mit dem passenden überein. Stattdessen lagen vielleicht zwei oder vier Wörter dazwischen – so wie in der oben genannten Reihe beim Wort Stuhl.

Die Köder zu umgehen, geht nach Meinung der Wissenschaftler auf die fluide Intelligenz zurück. Menschen, die in ihren vorherigen Intelligenztests also hohe Werte erreicht hatten, sollten auch bei diesem Test überdurchschnittlich abschneiden. Und so war es auch: Probanden mit höherer Verarbeitungsgeschwindigkeit machten weniger Fehler. Gray und seine Kollegen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die momentan gesteigerte Aufmerksamkeit auf die zu erfüllende Aufgabe wesentlicher Bestandteil der fluiden Intelligenz sei.

Der Blick aufs arbeitende Gehirn offenbarte auch, welche Gehirnareale bei dieser Gehirnleistung stärker aktiviert werden: neben einer Vielzahl weiterer Regionen besonders der Scheitellappen (Parietalcortex) und der präfrontale Cortex, also der Sitz höherer kognitiver Fähigkeiten.

Trotz allem heißt das nicht, dass hier die Intelligenz an sich sitzt. Denn ein schlaues Köpfchen zeichnet sich nicht nur durch Schnelligkeit aus. Neben der bereits erwähnten kristallinen Intelligenz spielen auch Motivation und Gefühle eine große Rolle. So behält man Inhalte leichter, die einen interessieren – eine Erfahrung, die wohl jeder spätestens in der Schule selbst gemacht hat.

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