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Biowaffen: Körperverteidiger können Giftattacke kontern

Die Poststelle des Pentagon schlug Alarm: Die automatisierte Suche nach Anthrax-Spuren erzwang eine großräumige Evakuierung im US-Verteidigungsministerium. Zum Glück ein Fehlalarm, nach Lage der Dinge. Indes wachsen nicht nur Routine im Umgang mit solchen Katastrophenübungen, sondern auch das Wissen um den Erreger, sein Toxin - und körpereigene Abwehrmethoden.
Makrophagen werden attackiert
Die Anthrax-Attacken nach dem 11. September 2001 in den USA haben gezeigt, welches Gefahrenpotenzial der Milzbrand-Erreger bei einem bioterroristischen Missbrauch birgt. Durch das Öffnen von Briefen, die mit Anthrax-Sporen verseucht waren, kamen in den USA seinerzeit insgesamt fünf Menschen ums Leben, 30 000 mussten mit Antibiotika behandelt werden.

Jetzt hat ein Forscherteam um Stefan Kaufmann und Chun Kim vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin eine neue Immuntherapie gegen Anthrax entdeckt. In präklinischen Studien fanden die Wissenschaftler heraus, dass körpereigene Defensine das tödliche Toxin der Anthrax-Erreger neutralisieren und damit ihre todbringende Wirkung verhindern können. Dieses Potenzial der Defensine war bislang unbekannt.

Defensine sind als Moleküle bekannt, die in die Bakterienzellwand "Löcher bohren" und damit die Bakterien abtöten. Sie werden derzeit als Grundstrukturen für die Entwicklung völlig neuer Antibiotika benutzt. Wann Defensine tatsächlich als Medikament einsetzbar werden, ist noch nicht abzusehen. Die Wissenschaftler schätzen jedoch, dass bei entsprechendem Interesse und Unterstützung der Industrie ein Medikament gegen Anthrax-Toxin innerhalb der nächsten Jahre entwickelt werden könnte.

Anthrax ist Auslöser einer Infektionskrankheit, die man als Milzbrand vor allem bei Schweinen, Rindern, Pferden, Schafen oder Ziegen kennt. Beim Menschen tritt die Krankheit bevorzugt in warmen Regionen mit intensiver Viehzucht auf, in industrialisierten Ländern ist sie dagegen sehr selten. In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren keine Erkrankungen mehr registriert.

Bereits in den 1970er Jahren hat die US Food and Drug Administration (FDA) einen Anthrax-Impfstoff zugelassen, seine Wirksamkeit beim Menschen ist jedoch umstritten. Die hohe Sterblichkeit bei Anthrax beruht in erster Linie auf dem lethalen Toxin (LeTx), das aus dem Lethalfaktor (LF) und dem protektiven Antigen (PA) besteht. Obwohl Bacillus anthracis antibiotisch behandelbar ist, schlägt die Therapie häufig nicht an, insbesondere wenn sie nicht unmittelbar nach der Infektion begonnen wird. Das liegt daran, dass nach Ausrottung der Erreger die bakteriellen Toxine nach wie vor im Körper zirkulieren. Deswegen seien, erklärt Kaufmann, "neue Behandlungsstrategien dringend notwendig".

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