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Grabenbrüche: Kontinente zerreißen wie Brotteig

Die Erdplatten driften nicht majestätisch auseinander - ab einem bestimmten Punkt zerreißt das Gestein mit Urgewalt.
Blick über den Ostafrikanischen Grabenbruch

Driftende Kontinente sind nicht eben als Sprinter bekannt. Sie treiben gleichmäßig auf den gemächlichen Strömungen, die das zähflüssige Gestein des Erdmantels umwälzen. Doch schon seit Jahrzehnten sind rätselhafte Ausnahmen von dieser Regel bekannt: Teile zerbrechender Superkontinente vervielfachten ihre Geschwindigkeit binnen weniger Millionen Jahre – weit schneller, als dass Veränderungen der Mantelströmungen dafür verantwortlich sein könnten. Eine Arbeitsgruppe um Sascha Brune vom GFZ in Potsdam und Dietmar Müller von der University of Sydney hat nun eine mögliche Erklärung des Phänomens vorgelegt. Demnach entspricht die schnelle Plattenwanderung einer bisher unbekannten zweiten Phase bei der Bildung eines neuen Ozeans.

In der ersten Phase bildet sich durch Dehnung der Kruste ein Grabenbruch, vergleichbar jenem in Ostafrika, der sich mit einer Rate von unter einem Zentimeter pro Jahr weitet. Diese Spreizung schwächt, so Brune und Müller, die Erdkruste im Lauf der Zeit so sehr, dass sie an einem bestimmten Punkt recht plötzlich nachgibt. Das entspreche einem Brotteig, der erst zäh nachgibt, bis er zu dünn wird und zerreißt. Auch Kontinente haben demnach einen Punkt, an dem sie schwach werden: Etwa zehn Millionen Jahre vor der endgültigen Trennung beschleunigt sich das Auseinanderdriften deswegen drastisch. So stieg die Spreizungsrate während des Zerbrechens des Superkontinents Pangäa zwischen Afrika und Südamerika vor etwa 120 Millionen Jahren von 10 bis 20 Millimetern pro Jahr auf bis zu 55 Millimeter pro Jahr.

Die Kruste wird dabei mit enormer Gewalt zerstückelt und verdünnt, und große Teile des äußeren Kontinentrands fallen in dieser relativ kurzen Phase der Grabenentwicklung quasi ins Meer oder werden von großen Mengen vulkanischer Gesteine bedeckt, bevor sich die Kontinente trennen und sich neuer Meeresboden zu bilden beginnt. Dieses Modell erklärt einige bisher rätselhafte Eigenschaften dieser so genannten passiven Kontinentränder. Zum Beispiel erscheint die Erdkruste in vielen dieser Gegenden vergleichsweise wenig gedehnt, gemessen an den Kräften, die einst die Kontinente zerrissen. Das neue Modell erklärt diesen Befund einfach dadurch, dass Fachleute bisher vor allem die schwache Dehnung der ersten Phase untersuchten – wenn die Kontinente jedoch später zum Spurt ansetzen, verfrachten sie die Zeugnisse der gewaltsamen Spaltung weit vor die Küste und in die Tiefe.

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