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News: Lichtfänger

Marine Cyanobakterien gewinnen ihre Energie, wie die höheren Pflanzen, mit Licht. Dafür benötigen sie jedoch Eisen - und das ist im Meerwasser knapp. Wissenschaftler kannten bereits ein Protein, das die Cyanobakterien bei Eisenmangel bilden; die Funktion dieses Proteins blieb jedoch rätselhaft. Jetzt entdeckten unabhängig voneinander zwei Arbeitsgruppen seine Aufgabe: Es wirkt als Antenne, welche die Lichtenergie einfängt und an den Photosyntheseapparat weiterleitet.
Unsere Luft zum Atmen verdanken wir der photosynthetischen Leistung der Pflanzen und Bakterien. Vor etwa drei Milliarden Jahren begannen Cyanobakterien die Energie des Sonnenlichtes einzufangen und für die Synthese organischer Verbindungen zu nutzen. Als "Abfallprodukt" entstand – und entsteht noch heute – Sauerstoff.

Dabei sind in der Membran der Cyanobakterien zwei Photosysteme hintereinander geschaltet, die in der Reihenfolge ihrer Entdeckung als Photosystem I und Photosystem II bezeichnet werden. Photosystem II spaltet nach der Lichtabsorption Wasser in Protonen, Elektronen und molekularen Sauerstoff. Die angeregten Elektronen gelangen zum nachgeschalteten Photosystem I. Hier werden sie durch eine erneute Lichtabsorption zum zweiten Mal angeregt, an ein eisenhaltiges Protein weitergegeben und schließlich zusammen mit den Protonen in der Verbindung NADPH gespeichert. Diese Substanz nutzen die Cyanobakterien als Reduktionsmittel für die Zuckersynthese.

Als die Cyanobakterien diesen Mechanismus in der Frühzeit der Erde entwickelten, gab es Eisen im Meerwasser reichlich. Doch inzwischen ist das Metall hier knapp geworden, und die Cyanobakterien mussten sich an den Mangel anpassen. Bekannt war bereits, dass sie unter Eisenmangel ein Protein bilden, dass von dem Gen IsiA (iron-stressed-induced gene) codiert wird. Welche Aufgabe dieses Protein erfüllt, war den Wissenschaftlern jedoch schleierhaft.

Zwei Arbeitsgruppen – eine um James Barber vom Imperial College of Science in London, die andere um Jochen Kruip von der Ruhr-Universität Bochum – widmeten sich jetzt unabhängig voneinander diesem Protein. Die Wissenschaftler konnten das Protein bei dem Cyanobakterium Synechocystis isolieren und seine spektroskopischen Eigenschaften analysieren.

Elektronenmikroskopische Untersuchungen enthüllten, dass das Protein IsiA mit dem Photosystem I einen Superkomplex bildet: Wie ein Ring umschließen 18 IsiA-Proteine die Chlorophyllmoleküle des Reaktionszentrums. Offensichtlich wirken sie hier als lichtsammelnder Antennenkomplex, der die Energie des eingefangenen Lichtes an das Reaktionszentrum des Photosystems I weiterleitet. Dadurch können die Cyanobakterien ihre Lichtausbeute um etwa 72 Prozent steigern und somit auch bei Eisenmangel noch eine effektive Photosyntheseleistung aufrecht erhalten.

Bisher waren derartige Antennenkomplexe von Cyanobakterien nicht bekannt. Ähnliche Lichtfänger gibt es jedoch auch bei Purpurbakterien und in den Chloroplasten höherer Pflanzen. Alle drei Antennenkomplexe, so vermutet Kruip, sind wahrscheinlich unabhängig in der Evolution entstanden. Den Cyanobakterien erlaubten ihre Antennen ein Überleben in eisenarmer Umgebung und ermöglichten damit die Entstehung unserer heutigen sauerstoffreichen Atmosphäre.

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