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News: Manipulierte Malaria-Mücken

Trotz enormer Anstrengungen weltweit ist Malaria nicht in den Griff zu kriegen: Jährlich erkranken und sterben immer noch Millionen von Menschen an der schweren Infektionskrankheit. Aber nun schöpfen Wissenschaftler neue Hoffnungen, denn zum ersten Mal konnten sie genetisches Material in Anopheles-Mücken - den Überträgern der Malaria-Erreger - einschleusen. Der neu entwickelte Ansatz soll helfen, die Physiologie der Insekten und ihre Interaktionen mit dem Krankheitserreger aufzuklären.
Vor allem in den tropischen und subtropischen Gebieten der Erde ist Malaria immer noch weit verbreitet. Bisher ist es Wissenschaftlern nicht gelungen, einen Impfstoff gegen die tödliche Krankheit zu entwickeln. Auch Versuche, die Population der Überträger-Insekten, der Anopheles-Mücken, einzudämmen, schlugen fehl, da die Tiere immer wieder Resistenzen gegen die eingesetzten Insektizide entwickelten. Daher sterben immer noch Jahr für Jahr schätzungsweise eine Million Menschen an Malaria. Ziel der meisten Forschungsprojekte war bisher der Erreger der Tropenkrankheit selbst – einzellige Lebewesen der Gattung Plasmodium – und seiner Entwicklung im menschlichen Körper. Die verschiedenen Anopheles-Arten fanden dagegen weniger Beachtung.

Das wollten Flaminia Catteruccia vom Imperial College London und ihre Kollegen ändern. Die Wissenschaftler entwickelten ein System, genetisches Material in die Keimbahnzellen der Insekten effizient und stabil einzubringen (Nature vom 22. Juni 2000). Ein solches genetisches Transformationsverfahren existiert für die Taufliege Drosophila melanogaster schon seit gut zwanzig Jahren und bescherte der Wissenschaft eine enorme Anzahl neuer Erkenntnisse über das Insekt und seine Physiologie. Versuche, eine ähnliche Methode auch bei den Malaria-übertragenden Mücken anzuwenden, waren bisher immer gescheitert. Aber durch eine leichte Abänderung der Standard-Prozedur schafften es die Forscher nun doch, ein Markergen im Genom einer Anopheles-Art (A. stephensi) zu integrieren.

Sie lagerten die Mückeneier in einer Lösung, die das Verhärten des Chorion – der Eihülle – für mehrere Stunden verhinderte. Dadurch steigerten die Wissenschaftler die Effizienz, mit der sie die fremde Erbinformation – in Form von kleinen DNA-Ringen – direkt in die Eier injizieren konnten. Diese so genannten Plasmide enthalten Transposons – "springende Gene" – die sich selbstständig aus dem Plasmid heraus an eine beliebige Stelle im Mückengenom bewegen können. Wenn dies geschieht, ist das aus dem Ei entstehende Tier genetisch verändert. Da sich aber nicht in allen Fällen das Transposon im Erbmaterial des Insekts integrieren kann, bauten die Forscher zusätzlich ein Markergen in das mobile Element ein, um genmanipulierte von normalen Tieren unterscheiden zu können. Wenn das Transposon sich mitsamt dem Markergen erfolgreich in das Insektengenom einbauen konnte, wird im Ei und später im Embryo ein fluoreszierendes Protein gebildet, das die Forscher dann leicht nachweisen können.

Auf diese Weise gelang es Catteruccia und ihren Kollegen zum ersten Mal, das Erbgut einer Anopheles-Art über mehrere Generationen hinweg stabil zu verändern. Als nächstes wollen die Forscher die modifizierte Methode auf Anopheles gambiae anwenden – dem Hauptüberträger von Malaria in den Gebieten Afrikas, die südlich der Sahara liegen. Dort treten etwa 90 Prozent aller Sumpffieber-Fälle auf. Da nicht alle Anopheles-Arten den Menschen mit Plasmodium infizieren, hoffen die Forscher nun, Hinweise auf die physiologischen Grundlagen dieses Unterschiedes zu erhalten und dieses Wissen in Zukunft zur Eindämmung von Malaria-Infektionen nutzen zu können.

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