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News: Martialischer Meteoritenregen

Einst regnete es durchaus auf dem Mars, Wassermassen strömten und schufen Flusstäler und Küstenlinien - vor langer, langer Zeit. Und vielleicht auch nur sehr gelegentlich und kurzzeitig, als Folge vereinzelter kosmischer Katastrophen.
Mars
Wenn in Zukunft einmal ein Mensch auf dem Mars landen würde, wäre er sehr wahrscheinlich die einzige Lebensform auf unserem Nachbarplaneten. Die Landschaft unter der dünnen Atmosphäre würde sich ihm genauso darbieten wie seinen technologischen Vorreitern, den Viking- und Pathfinder-Raumsonden oder zuletzt der 2001 Mars Odyssey: Als lebensfeindliche Wüste mit zwei hervorstechenden Merkmalen – sie wäre sehr kalt und extrem trocken.

Wasservorräte gibt es dabei durchaus auf dem Mars, nur sind sie, den Umgebungstemperaturen geschuldet, sämtlich als Eis in den Permafrostböden und Polkappen gespeichert – und dass wohl schon seit mehreren Milliarden Jahren. Uralte Flusstäler, Küstenlinien und Erosionserscheinungen auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten verweisen aber auf eine noch weiter zurückliegende, entschieden wärmere Mars-Vergangenheit, in der flüssiges Wasser die Oberfläche formte. Wie aber Mars vor langer Zeit ein so viel lebensfreundlicherer, flüssigkeitssprühender Ort sein konnte ist Wissenschaftlern seit mehr als dreißig Jahren ein Rätsel – die Sonneneinstrahlung war beispielsweise zu Zeiten des frühen Mars sogar schwächer als heute.

Könnte vielleicht vor Jahrmilliarden die Atmosphäre des Mars dicht genug gewesen sein, um einen Treibhauseffekt verursacht zu haben und, damit einhergehend, höhere globale Temperaturen? Die Marsatmosphäre besteht derzeit tatsächlich zu etwa 95 Prozent aus dem Klimagas Kohlendioxid, ist aber nur ein Hundertstel so dicht wie die der Erde. Wäre sie um den Mars einst viel dichter gewesen, dann müssten heute aber enorme Ablagerungen von Kalkstein, gebildet aus den Kohlendioxidmassen, auf seiner Oberfläche zu finden sein – bislang Fehlanzeige. Modellrechnungen zeigen zudem, dass selbst Kohlendioxid zusammen mit dem Klimagas Methan – das sich bei Vulkanausbrüchen immerhin gebildet hat oder sogar von primitiven Lebensformen her stammen könnte – die Marsatmosphäre wohl kaum stark genug hätte verdichten können, um einen ausreichenden Treibhaustemperaturschub wie bei Erde und Venus hervorzurufen.

Ein Forscherteam um Teresa Segura und Brian Toon von der University of Colorado entwickelte nun eine neue Erklärung der lang zurückliegenden Mars-Feuchtzeiten. Sie gingen von der Beobachtung aus, dass viele der großen Meteoriten-Krater und die längst ausgetrockneten Flussbetten und Erosionsanzeichen etwa das gleiche Alter haben. Alle entstanden in einer Periode vor ungefähr 3,5 bis vier Milliarden Jahren: Damals wurde der Mars etwa alle zehn bis 20 Millionen Jahre – in astronomischen Maßstäben also recht häufig und regelmäßig – von größeren Meteoriten getroffen, die Einschlagkrater von etwa 100 bis 160 Kilometern Durchmesser hinterließen.

Meteoriteneinschläge dieser Größenordnung hätten damals stets, nach Überlegungen der Wissenschaftler, enorme Mengen von beim Aufprall geschmolzenem Permafrostboden mit großen Wasseranteilen in die Atmosphäre schleudern müssen. Dieses Wasser sei dann, in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Einschlag, wieder abgeregnet. Schon ein eher kleiner Asteroid von etwa 100 Kilometern Durchmesser, so errechneten die Forscher, wäre mit einer Energie auf die Marsoberfläche geprallt, die eine völlig marsumhüllende Eisdecke von drei Metern Dicke komplett schmelzen hätte können – und damit genug Wasser auftauen, um etwa zwei Meter der gesamten Marsoberfläche mit Regen zu überfluten.

Die enormen aus den Meteoritentreffern resultierenden Regenfälle und nachfolgenden Flutmassen hätten dann in den Jahren nach dem Einschlag die Flussbetten eingegraben, Küstenlinien geschaffen und Gebirgszüge erodiert – eine kurze, heftige Unterbrechung eines "fast endlosen Marswinters", so Segura, gefolgt von einer langen Zeit der erneuten Kälteerstarrung – bis zur nächsten kosmischen Kollision.

Stimmt die Theorie der Forscher, so müsste die langgehegte menschliche Vision wohl endgültig ad acta gelegt werden: Wenige Dekaden heftiger Regenfälle und relativer Wärme nach gelegentlichen Meteroitentreffer, unterbrochen von Millionen von Jahren der Kälte und Trockenheit dürften zur Evolution von Leben auf unserem roten Planetennachbarn kaum ausgereicht haben. Vielleicht ist dies auch einer der Gründe für die Skepsis einiger Wissenschaftler: "Eine ernstzunehmende Theorie", meint etwa Michael Carr vom US Geological Survey, "aber sie erklärt wohl noch nicht alle unserer Beobachtungen."

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