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Kohlenstoffnanoröhrchen: Zu schwach für den Weltraumlift

Nanoröhrchen sind extrem stabil, aber auch extrem anfällig: Schon ein winziger Strukturfehler lässt sie reißen. So wird das nichts - auch nicht mit dem Weltraumlift.
Kohlenstoffnanoröhren haben eine bienenwabenförmige Molekülstruktur

Kohlenstoffnanoröhrchen haben viele denkbare Anwendungen. Zur spektakulärsten – und zugegebenermaßen spekulativsten – gehört ihr Einsatz beim Bau eines Weltraumlifts. Will man einen solchen Direktzugang in den Weltraum legen, benötigt man ein außerordentlich belastbares Seil. Kein anderes Material als Kohlenstoffnanoröhrchen könnte dies liefern, hieß es lange. Doch wie sich nun zeigt, stimmt dies nicht ganz: Auch diese sind wohl nicht stark genug.

Zu diesem Ergebnis kam jetzt eine Arbeitsgruppe um Feng Ding von der polytechnischen Universität Hongkong. Wie ihre Simulationen zeigen, verliert das Röhrchen dramatisch an Zugfestigkeit, sobald auch nur ein Atom nicht an der richtigen Stelle sitzt.

Perfekte Nanoröhrchen hätten die sensationell hohe Zugfestigkeit von über 100 Gigapascal. Ein fehlendes Atom mache daraus 50 Gigapascal. Mit jedem weiteren Defekt sinke der Wert immer weiter.

Solche Nanoröhrchen bestehen im simpelsten Fall aus einer Röhre mit einer Wanddicke von einem Atom. Die Kohlenstoffatome sind darin in einem bienenwabenförmigen Muster angeordnet. Fehlt ein Atom, entsteht ein leichter Knick im Material, der dazu führt, dass die benachbarten Kohlenstoffbindungen reißen. Wie bei einem Reißverschluss brechen dadurch immer mehr Bindungen auf, bis es schließlich zum kompletten Bruch kommt. Mit den derzeitigen Herstellungsmethoden ist es aber ausgeschlossen, perfekte Kohlenstoffnanoröhrchen ganz ohne Strukturdefekte herzustellen.

Einen Lift ins All würde man allerdings ohnehin nicht nur an einzelne Röhrchen hängen, sondern an ein Seil, für das die Röhrchen miteinander versponnen wurden. Leider brachten alle bisherigen Spinnversuche ebenfalls eher enttäuschende Ergebnisse. Deren Zugfestigkeit hätte bei einem Gigapascal gelegen, schreibt etwa der "New Scientist". Für einen Weltraumlift seien Schätzungen zufolge 50 Gigapascal nötig.

Beim Verspinnen der Nanoröhrchen tritt als zusätzliches Problem auf, dass die Röhrchen nur sehr kurz sind und nicht chemisch untereinander verbunden. Um ein solches Garn zu zerreißen, ist es vermutlich noch nicht einmal notwendig, die Röhrchen selbst zum Reißen zu bringen, sondern nur, ihren Verbund aufzutrennen. Vielleicht lohnt es sich für den Aufzug ins All, einmal die Fähigkeiten gänzlich anderer Materialien auszuloten.

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