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News: Metallgebiss

Viele Schwermetalle gelten als hart und widerstandsfähig. Diese Eigenschaften wissen auch marine Würmer zu nutzen - und lagern Schwermetalle, wie Kupfer oder Zink, in ihre Zähne ein.
Zahn von <i>Nereis limbata</i>
Nicht umsonst greift der Zahnarzt zum diamantgehärteten Bohrer, schließlich ist der Zahnschmelz das härteste Gewebe im menschlichen Körper. Seine Festigkeit beruht auf dem hohen Anteil eingelagerter Mineralien wie Calcium-Hydroxylapatit und Fluorapatit. Wirbeltierzähne sind damit einmalig im Tierreich.

Doch auch andere Organismen müssen kräftig zubeißen – und über entsprechend gehärtete Strukturen verfügen. Dabei greift die Natur auf unterschiedliche Materialien zurück, Gliedertiere bevorzugen beispielsweise das Polysaccharid Chitin, das sie mit Calciumcarbonat härten.

Dies scheint den Anforderungen nicht immer zu genügen, mehren sich doch inzwischen die Hinweise, dass bestimmte marine Würmer zusätzliche Substanzen zu nutzen verstehen, wovon manche als Gifte einen eher schlechten Ruf genießen: Schwermetalle.

So konnte die österreichische Physikerin Helga Lichtenegger, die inzwischen an der University of California in Santa Barbara forscht, im Jahr 2002 nachweisen, dass der Borstenwurm Glycera dibranchiata seine Kieferzähne mit Kupfer härtet. Jetzt hat sich die Forscherin zusammen mit ihren Kollegen die Kiefer eines weiteren Wurms aus der Klasse der Polychaeten vorgenommen, und zwar die von Nereis limbata.

Wie die elektronenmikroskopische und röntgenstrukturanalytischen Untersuchungen ergaben, zeichnen sich die Kieferzähne von Nereis limbata ebenfalls durch einen hohen Schwermetallgehalt aus. Im Gegensatz zu Glycera dibranchiata bevorzugt dieser Wurm jedoch nicht Kupfer, sondern das im Periodensystem benachbarte Element Zink. Die Forscher fanden das Metall vor allem im äußeren Bereich der Kiefer, also in dem Teil, den die Tiere im täglichen Gebrauch besonders abnutzen.

Lichtenegger vermutete zunächst, dass Nereis, wie Glycera, das Metall als kristallines Mineral einlagert. Doch dem war nicht so. Vielmehr scheinen die Metallionen in einer hoch organisierten Proteinmatrix eingebettet zu sein, wobei vermutlich die Aminosäure Histidin Zink als Zn2+ bindet.

Damit sind die Kiefer von Nereis nur halb so hart wie die seines Verwandten Glycera. Allerdings benötigt Nereis auch längst nicht ein so hartes Gebiss, ernährt sich der Wurm doch eher von kleineren Häppchen, während Glycera als Räuber seine Zähne in den Chitinpanzer seiner Opfer rammen muss, um dann ein tödliches Gift zu injizieren.

Für Nereis scheint ein zinkgehärtete Gebiss zu genügen, und gegen lästige Bakterien, die den Zähnen schwer zusetzen könnten, hat der Wurm vermutlich auch ein Mittel gefunden: Die Forscher fanden in seinen Kiefern neben dem Schwermetall Zink auch die giftigen Halogene Brom und Iod.

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