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Exoplaneten: Milliarden Gesteinsplaneten um Rote Zwerge

Vermutlich hatten die sich die Astronomen um Xavier Bonfils vom Institut für Planetologie und Astrophysik in Grenoble die Entdeckung vieler neuer Exoplaneten erhofft. Sie beobachteten dazu zwischen Februar 2003 und April 2009 insgesamt 102 Rote Zwerge am Südhimmel mit dem 3,6-Meter-Teleskop der ESO in La Silla in Chile. Die Forscher verwendeten einen hochpräzisen Spektrografen namens HARPS, mit dem sie die Lage bestimmter Spektrallinien im Sternenlicht hochgenau vermessen konnten. Verschiebt sich deren Position periodisch im Laufe der Zeit, so kann dies ein Hinweis auf einen Planeten sein: Die Bahnbewegung von Planet und Mutterstern um den gemeinsamen Schwerpunkt bewirkt auch eine periodische Bewegung des Sterns. Diese macht sich über den Dopplereffekt in der Lage der Spektrallinien im Sternenlicht bemerkbar.

Künstlerische Darstellung eines Sonnenunterganges auf dem Exoplaneten Gliese 667Cc | Diese künstlerische Darstellung veranschaulicht einen Sonnenuntergang auf dem Exoplaneten Gliese 667Cc. Der hellste Stern am Himmel ist Gliese 667C, der Teil eines Dreifachsystems ist. Die Supererde umkreist Gliese 667C in dessen habitabler Zone, daher kann auf diesem Exoplaneten flüssiges Wasser existieren. Die beiden anderen, weiter entfernten Sterne des Systems, Gliese 667A und B, sind rechts ebenfalls am Himmel sichtbar.
Bonfils und seine Kollegen fanden insgesamt elf Planeten, die meisten davon waren jedoch schon bekannt: Seine Arbeitsgruppe entdeckte neun dieser fernen Welten bereits in den vergangenen Jahren. Zwei dieser Himmelskörper umrunden ihre Sterne in der lebensfreundlich oder habitablen Zone, das heißt auf ihrer Oberfläche könnte flüssiges Wasser existieren. Lediglich ein einziger neuer Exoplanet ging den Astronomen ins Netz, der jupitergroße Planet umkreist den Stern GJ 849 in rund fünf Jahren. Die Forscher konnten außerdem die Eigenschaften eines anderen bekannten Planeten mit verbesserter Genauigkeit ermitteln.

Doch auch aus den fehlenden Entdeckungen extrahierten die Astronomen Erkenntnisse: Durch die Suche nach Planeten bei insgesamt mehr als einhundert Roten Zwergen lassen sich Rückschlüsse auf die Gesamtzahl der Planeten in vergleichbaren Sternsystemen ziehen. Rote Zwerge sind für die Gesamtstatistik der Exoplaneten besonders interessant, denn sie stellen rund 80 Prozent aller Sterne unserer Milchstraße. Die Astronomen ermittelten die Empfindlichkeit ihrer Suche durch die Analyse aller Messdaten. Sie erstellten Modelle der Planetenverteilung um Rote Zwerge und kalibrierten diese an der Anzahl ihrer Entdeckungen. Damit schlossen sie dann auf die Häufigkeit aller Exoplaneten um Rote Zwerge, also auch derjenigen, die sie nicht entdecken konnten. Besonderes Augenmerk legten die Forscher auf Supererden, die in der habitablen Zone um ihren Stern kreisen. Die Wissenschaftler umfassten mit ihrer Definition einer Supererde Planeten mit Massen von einer bis zu zehn Erdmassen. Es ist damit denkbar, dass einige der massereicheren Himmelskörper eher einem kleinem Bruder des Uranus als unserem Heimatplaneten gleichen.

Erwartungsgemäß hat das Ergebnis der Forscher sehr breite Fehlerbalken: 28 bis 95 Prozent aller Roten Zwerge werden demnach von Supererden in der habitablen Zone umkreist. Der wahrscheinlichste Wert liegt bei 41 Prozent. Insgesamt befinden sich rund 160 Milliarden Rote Zwerge in unserer Milchstraße; somit könnte es zwischen 45 Milliarden und 150 Milliarden Supererden in Bahnen um diese Sterne geben. Allein in einer Entfernung von bis zu 30 Lichtjahren von unserem Sonnensystem sollten sich rund 100 dieser Exoplanetensysteme befinden.

Die hohe Gesamtanzahl sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Großteil dieser Welten – selbst in der habitablen Zone – nicht sonderlich lebensfreundlich ist: Rote Zwerge sind sehr unruhige Sterne, die häufig stark flackern und dabei große Mengen an Ultraviolett- und Röntgenstrahlung abgeben. Da die habitable Zone sehr nah am Stern liegt, würden die Planeten somit häufig in ionisierender Strahlung geradezu gebadet. Dies macht die Entwicklung von Leben auf diesen Welten sehr unwahrscheinlich.

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