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Cangrande della Scala: Mittelalterlicher Warlord fiel Giftanschlag zum Opfer

In der Mumie des Veroneser Stadtfürsten Cangrande della Scala fanden Wissenschaftler verräterische Spuren: Der gefürchtete Kriegsherr und Dante-Verehrer wurde wohl vergiftet.

Der Tod kam auf dem Höhepunkt der Macht: Cangrande I. della Scala, der berühmteste Spross der Scaliger aus Verona, hatte in zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen die Herrschaft über ganz Venetien an sich gerissen. Doch kurz nach seinem triumphalen Einzug in die norditalienische Stadt Treviso am 18. Juli 1329 begannen mit Durchfall und Erbrechen die ersten Symptome einer tödlichen Erkrankung. Vier Tage später erlag Cangrande seinem Leiden – das vorgeblich durch "Wasser aus einem verseuchten Brunnen" ausgelöst wurde, wie zeitgenössische Chroniken berichten.

Tatsächlich scheint der Veroneser jedoch einem heimtückischen Giftanschlag zum Opfer gefallen zu sein. Offenbar hatte ihm ein unbekannter Widersacher ein Gebräu aus Fingerhut eingeflößt; das darin enthaltene Gift führte bei Cangrande zunächst im Frühstadium der Vergiftung zu den historisch belegten Verdauungsstörungen und schließlich zu Herzversagen und Tod.

So jedenfalls rekonstruieren Wissenschaftler um Franco Tagliaro von der Universität Verona den Vorfall. Die Forscher sind Teil eines Teams, das die gut erhaltene Mumie Cangrandes untersucht. Der in der Kirche Santa Maria Antiqua in Verona bestattete Leichnam wurde im Jahr 2004 exhumiert und ausgiebig forensisch erforscht.

In einer aktuellen Veröffentlichung erläutern die Wissenschaftler nun ihre Ergebnisse. So fanden sie in Kotproben aus seinem Darm die Pollen von Fingerhutgewächsen, auch ließen sich die entsprechenden Digitalis-Toxine in Kot und Leber nachweisen. Daneben fanden sich noch Pollen von Kamille und Schwarzer Maulbeere. Im Ergebnis halten es die Forscher daher für wahrscheinlich, dass der Herrscher einen Tee oder Sud aus Fingerhut getrunken hat, der womöglich mit Kamille und Maulbeere geschmacklich getarnt wurde.

Schon kurz nach dem Ableben des "großen Hunds" Cangrande wurde über Giftmord spekuliert, allerdings blieb es bei Gerüchten. Wer hinter dem Anschlag steckt, ist offen – genügend Interessenten an einem plötzlichen Dahinscheiden des Veronesers dürften sich mit Leichtigkeit finden lassen. Der im Jahr 1291 geborene Scaliger gilt in der Forschung als widersprüchliche Figur: Zum einen war er ein wenig zimperlicher Machtmensch und brutaler Krieger, zum anderen wurde er schon zu Lebzeiten als gebildeter und gerechter Herrscher verehrt. Der Nachwelt bekannt ist er auch durch seine Förderung des Dichters Dante Alighieri, der ihn dankbar in einigen seiner Werke erwähnte.

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