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News: Molekulare Chirurgie

Fußballartige Kohlenstoff-Moleküle mit Füllung sind schon fast ein alter Hut. Sie waren aber bislang nicht eben leicht herzustellen. Chemikern gelang es nun, mit einer neuen Methode eine größere Ausbeute zu erzielen. Dazu erzeugten sie chemisch eine Öffnung in dem Kohlenstoff-Ball, durch die sie beispielsweise Edelgase oder Wasserstoff einschleusten.
Seit seiner Entdeckung Anfang der neunziger Jahre hat das Buckminsterfulleren schon viele Forscher beschäftigt. Was diesen fußballförmigen Käfig aus 60 Kohlenstoffatomen unter anderem so interessant macht, ist der große Hohlraum in seiner Mitte. Es drängt sich geradezu auf, Atome oder kleinere Moleküle dort einzubauen. So könnten Materialien mit interessanten neuen Eigenschaften entstehen. Die bisherigen Syntheseansätze waren jedoch noch nicht zufriedenstellend.

Amerikanische Chemiker um Yves Rubin von der University of California in Los Angeles haben einen neuen Weg eingeschlagen, um die hohlen Fußbälle zu füllen: Sie betätigen sich als "Molekular-Chirurgen". Wie bei einer Operation wird das Fulleren zunächst vorsichtig an einer Stelle geöffnet – durch eine chemische Reaktion. Wie eine chirurgische Klammer hält der Reaktionspartner das entstandene Loch offen.

Durch diese einladend aussehende Öffnung können nun kleine Teilchen eingeführt werden. Die Forscher versuchten es zunächst mit einem Atom des Edelgases Helium. Bereits unter recht milden Bedingungen – bei 3000 Hektopascal (etwa dem dreifachen Luftdruck) und 100 Grad Celsius – lässt sich je ein Helium-Atom in einen der offenen Käfige einschleusen.

Etwas schwieriger gestaltete es sich, hantelförmige Wasserstoff-Moleküle einzuschleusen. Das offene Fulleren, ein kristallines Pulver, musste dazu auf etwa 400 Grad Celsius erhitzt und einer Wasserstoffatmosphäre von zehn Megapascal ausgesetzt werden. Knapp 30 Prozent der Käfigmoleküle zersetzen sich zwar unter diesen Bedingungen, von den intakten enthalten dann aber fünf  Prozent ein "Innenleben". Das mag sich nach wenig anhören, ist aber bei weitem das beste Ergebnis, was die direkte Einlagerung von Gasen in ein Fulleren angeht. "Unter extremeren Druckbedingungen sollte es möglich sein, den Anteil der eingelagerten Gasmoleküle weiter zu erhöhen", zeigt sich Rubin zuversichtlich.

Weitere Pläne sehen vor, auch größere Moleküle und Metallionen in Fulleren-Abkömmlinge einzufügen. Dazu will man die Öffnung entsprechend vergrößern. Außerdem steht noch der Schlussschritt des "chirurgischen Eingriffs" aus: Die "Wunde" muss wieder "vernäht" werden. Erste Beobachtungen stimmen optimistisch, trotz der starken Deformationen scheint das Fullerengitter wieder in seine Fußballgestalt überführbar zu sein.

Das offene Fulleren weist aber nicht nur den Weg zu neuen Materialien, es kann auch als Testsystem dienen, um den Durchtritt kleiner Moleküle oder Ionen durch enge Kanäle zu untersuchen – ein Vorgang, der in der Biologie eine wichtige Rolle spielt.

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  • Quellen
Angewandte Chemie 113 (8): 1591–1594 (2001)

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