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News: Molekulare Werkzeuge aus DNA

Die Nanotechnologie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, macht aber schon erfolgreich erste Schritte. Wissenschaftler suchen nach immer kleineren Werkzeugen, Robotern oder elektrischen Vorrichtungen. Selbst die DNA - der Träger der Erbinformationen - lässt sich zu einem rein mechanischen Werkzeug umfunktionieren - beispielsweise zu einer Nano-Pinzette. Hierzu verbanden Wissenschaftler drei DNA-Einzelstränge so, dass sie eine V-förmige Struktur annahmen. Mit einem vierten DNA-Strang, der sich an die beiden freien Schenkel anlagerte und diese dadurch zusammenzog, konnten sie die Pinzette dann schließen. Geöffnet wird das Werkzeug mit einem weiteren Strang, der fester an den vorigen bindet und ihn so wieder von der Pinzette löst.
Die DNA ist eines der faszinierendsten Makromoleküle in lebenden Organismen und Viren. Ähnlich wie eine Computerfestplatte speichert, aber aktualisiert sie auch alle Informationen, die für das Funktionieren eines Organismus unentbehrlich sind. Sie ist der verschlüsselte Bauplan für so unterschiedliche Lebensformen wie eine Mikrobe oder einen Blauwal. Doch die spiralförmig gewundenen Stränge der DNA können noch mehr: Sie lassen sich zu einfachen Nano-Werkzeugen umfunktionieren oder haben schon einmal die ein oder andere Rechenaufgabe ausgeknobelt.

Der Wissenschaftler Bernhard Yurke von den Lucent Technologies Bell Labs und Andrew Turberfield von der University of Oxford konstruierten aus verschiedenen DNA-Einzelsträngen eine winzige Pinzette, die sich gezielt öffnen und schließen lässt (Nature vom 10. August 2000). Was sich hinter der genetischen Information der Erbsubstanz verbirgt, ist für die Funktion der Pinzette belanglos, jedoch können die Forscher die Abfolge der Basen dazu nutzen, das Werkzeug selektiv zu steuern. Die Pinzette bauten die Wissenschaftler aus drei Einzelsträngen der DNA, die sich mit ihrer komplementären Basensequenz V-förmig aneinander lagerten. Dabei überlappte einer der Stränge vom Scheitel her jeweils die Hälfte der beiden Schenkel, sodass die V-förmige Konstruktion sich versteifte. Um ihr Werkzeug zu schließen, fügten die Wissenschaftler einen vierten DNA-Strang hinzu. Dieser war so konstruiert, dass er sich von innen an das geöffnete V anlagerte und dabei die freien Arme der Pinzette zusammenzog.

Um sie wieder zu öffnen, fügten die Forscher erneut einen weiteren DNA-Strang hinzu, der sich noch fester mit dem vorherigen verband und ihn so von der Pinzette ablöste, woraufhin diese wieder aufsprang. Die Funktion der Nano-Pinzette beobachteten die Wissenschaftler mit zwei fluoreszierenden Markern, die sich an den beiden Enden des Werkzeugs befanden. Wenn sie sich einander bis auf kurze Distanz näherten, übertrug einer der Marker einen Teil seiner Energie auf den anderen. Indem die Pinzettenspitzen heller oder dunkler leuchteten, konnten die Forscher erkennen, ob ihr Werkzeug gerade geöffnet oder geschlossen war.

Der Chemiker Ned Seeman von der New York University meint, dass die Methode deshalb so nützlich sei, da die Forscher verschiedene Pinzetten herstellen können, indem sie die DNA-Sequenz der Stränge geringfügig ändern. Mit den jeweils passenden Zusatzstrang können die verschiedenen Werkzeuge dann gezielt schließen oder öffnen. "Theoretisch ließe sich so jede DNA-Pinzette individuell kontrollieren", meint er, "das ist meiner Ansicht nach ein bedeutender Fortschritt".

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