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Lunare Gravitation: Mond soll irdisches Leben beeinflussen

Spüren Pflanzen die Schwerkraft des Mondes? Offenbar, sagt ein Botaniker mit Blick auf Blattbewegungen von Pflanzen im Orbit und alten Daten aus Gewächshäusern.
Vollmond hinter Blätterdach

Welchen direkten Einfluss der Mond auf das irdische Leben hat, ist traditionell umstritten – ruft neben Esoterikern aber durchaus auch ernst zu nehmende Forscher auf den Plan. Sie versuchen dann etwa die Alltagserfahrung vieler Menschen zu bestätigen, bei Vollmond schlechter schlafen zu können (und geraten ihrerseits in Streit), oder einen Beleg dafür zu finden, dass es sich lohnt, die Aussaat oder Ernte von Feldfrüchten nach dem lunaren Zyklus auszurichten. Daneben gibt es seit jeher viele Experimente, die sich mit dem wechselnden Einfluss der Schwerkraft des Mondes beschäftigen – wie auch jene, die Peter Barlow von der University of Bristol durchgeführt hat. Er versuchte dabei zu beweisen, dass das Blattwerk von Pflanzen auf die Gravitation des Mondes reagiert, und fand darauf nun tatsächlich auch Hinweise.

Zunächst hatte er mit Computerhilfe einen seit den 1920er Jahren gesammelten Datensatz analysiert, in dem die allmählichen täglichen Blattbewegungen von Bohnen im Labor und anderen Grünpflanzen dokumentiert waren. Diese glich er mit dem Standort der Pflanzen und den Mondstandorten zum jeweiligen Zeitpunkt ab und fand eine auffallend synchrone Überlappung von lunarem Zyklus und den periodischen Blattbewegungen. Diese Bewegungen gehen mit einer Art inneren Tide von Zellsaft und Blattflüssigkeit einher; bisher hatte man allerdings vermutet, dass der Tidenhub von den Pflanzen selbst, das heißt endogen, reguliert und vielleicht synchronisiert wird, etwa durch zirkadiane Uhren. Womöglich, vermutet nun Barlow, spielt dabei aber eher passiv auch der wechselnde Schwerkrafteinfluss des Mondes eine Rolle. Die lunar bedingten Gravitationsschwankungen sind in kleinem Maßstab, also in einem winzigen Wasserkörper wie dem der Zelle, jedoch deutlich geringer als kombiniert etwa in den Weltmeeren, wo der Mond ja Ursache von Ebbe und Flut ist.

Dennoch ist der Einfluss auf den "inneren Tidenhub" eines Blattes messbar, glaubt Barlow. Dies sollte ein Blick auf Pflanzen belegen, die in der Raumstation ISS wuchsen: Im Orbit ist der lunare Zyklus deutlich schneller, was sich wirklich auch im ebenso schnelleren Zyklus der Blattbewegung niederschlägt, berichtet Barlow; die Mondgravitation beeinflusse demnach eindeutig die Pflanzenphysiologie. Er vermutet, dass die gelenkartigen Übergangszonen zwischen Stängel und Blättern, die Pulvini, eine wichtige Rolle spielen. Sie haben bei vielen wachstumsunabhängigen Blattbewegungen ohnehin eine essenzielle Funktion.

Insgesamt, so Barlow, stellen seine Erkenntnisse nicht etwa den wohl weitaus bedeutenderen Einfluss der verschiedenen, meist von Lichteinflüssen geeichten inneren Uhren in Frage, die eine große Zahl von Prozessen in Pflanzen endogen regulieren: Sicher sei der physiologische Zustand in vielen Belangen eher von ihnen kontrolliert als vom Mond. Ganz ausschließen sollte man aber den Gravitationseinfluss nicht, auch wenn er für das grüne Leben auf der Erde eher unbedeutend sein könnte und funktionell unverständlich bleibt.

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