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Grippevirus H7N9: Resistente Vogelgrippe

Grippe

Der neue Vogelgrippeerreger H7N9 hat seit dem Frühling dieses Jahres in Asien mehrere Menschen getötet, bevor die Behörden die Ansteckungsgefahr vor allem durch rigorose Kontrollen und die Schließung von Geflügelmärkten regional unter Kontrolle gebracht haben. Dennoch bleibt das Virus eine Bedrohung, meinen nun Forscher um Nicole Bouvier von der Icahn School of Medicine in Mount Sinai: Ihr Team entdeckten einen gegen Grippemittel – etwa den als Impfstoff und Sofortmaßnahme eingesetzen Neuraminidasehemmstoff Oseltamivir – resistenten Stamm von H7N9 in einem Patienten in Shanghai. Gegen diese Viren wäre damit das wirksamste Grippe-Medikament nutzlos; zudem bleibt das veränderte Virus im Tierversuch ansteckend.

Influenzavirusmodell | 3-D-Modell eines Influenzavirus: Die Virushülle enthält die Oberflächenmoleküle Hämagglutinin (blau), Neuraminidase (rot) und Matrixproteine (lila). Im Virusinneren befindet sich das einzelsträngige RNA-Genom. Die zufällige Veränderung der Oberflächenmoleküle ist für die jährlich veränderten Virustypen verantwortlich. Diese Veränderungen kommen durch die natürliche Vervielfältigung des Virus zu Stande und erschweren so seine medizinische Bekämpfung.

Resistenzen gegen Neuraminidasehemmer sind schon bei verschiedenen Influenzaviren beobachtet worden: Sie beruhen oft auf einer Mutation, durch die eine Aminosäure im viralen Neuraminidaseprotein ausgetauscht wird. Dies sorgt dafür, dass gängige medizinische Hemmstoffe dieses für die Viren unverzichtbare Enzym nicht mehr blockieren können. Meist hat der Austausch der Aminosäure aber auch für den betroffenen Virusstamm schwer wiegende Folgen; so können mutierte Viren etwa oft ihre Wirtszellen nicht mehr so leicht übernehmen wie die natürlichen Stämme. Genau die ist aber bei der mutierten, Neuraminidasehemmer-Resistenten H7N9-Variante nicht der Fall, so Bouvier und Co: Die resistenten, mutierten Stämme springen weiterhin zwischen Meerschweinchen durch Töpfcheninfektion – wenn auch, wie der Wildtyp, nur selten –, infizieren menschliche Zellkulturen und vermehren sich auch in den oberen Atemwegen von mit Neuraminidasehemmern behandelten Mäusen.

Baukasten für die tödlich gefährliche Grippe

Die Forscher spekulieren, dass das resistente Virus die Nachteile der Mutation durch andere Veränderungen kompensieren konnte – vielleicht durch eine Veränderung seiner Hämagglutinin-(HA)-Expression. Das HA-Protein von Grippeviren erkennt die Andockstellen für das Virus an den Zellen in den Atemwegen des Wirtes.

Vogelgrippeerreger wie H7N9 zirkulieren vor allem in Vögeln ohne dort schwerwiegende Krankheitssymptome auszulösen; umstritten ist, wie oft die Erreger vom Tier auf den Menschen überspringen und wie leicht sie von Mensch zu Mensch übertragbar sind. Wahrscheinlich infizieren sich Menschen untereinander nur sehr selten. Dennoch: Im ungünstigsten denkbaren Fall befürchten Mediziner einen Erreger, der gleichzeitig von Patient zu Patient springt, hochvirulent bleibt und sich resistent gegen Grippemittel zeigt. Diese schlimmstmögliche Kombination sei noch nie aufgetreten, bleibe aber angesichts des neuen Fundes denkbar, warnen Bouvier und Kollegen: "Die Fitness eines Influenza-Typ-A-Virus hängt von mehreren Genveränderungen ab und sei gelegentlich recht unvorhersehbar", schreiben die Forscher.

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