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Physiologie: Muttermilch startet die Heizung bei Neugeborenen

Diabetes-Maus
Neugeborene Säugetiere sind mit allem ausgestattet, was es zum Leben braucht – doch manches befindet sich zum Zeitpunkt der Geburt noch in Warteposition. Dazu gehört auch die körpereigene Wärmeproduktion, die im Uterus – dank der Wärme des Mutterleibs – noch nicht benötigt wird. Hinausgeworfen in die kalte Umwelt, muss der Körper das System aber möglichst schnell hochfahren. Das Startsignal der inneren Heizung allerdings kommt von außen, schreiben jetzt spanische Forscher: Es steckt in der Muttermilch.

Ganz junge Säugetiere kühlen besonders leicht aus und besitzen deswegen braunes Fettgewebe, das Wärme produziert. Die spezifische Farbe dieser Zellen rührt von der großen Zahl an enthaltenen Mitochondrien, die dank eines speziellen Proteins Wärme statt chemischer Energie erzeugen. Direkt nach der Geburt aktivieren Signalstoffe in diesen Zellen verschiedene Gene des Fettstoffwechsels, die an dem Prozess beteiligt sind.

Als Schlüsselelement dieser Signalkette identifizierten die Wissenschaftler das Protein FGF21 (Fibroplast Growth Factor 21), das hauptsächlich in der Leber produziert wird und in anderen Geweben den Fettstoffwechsel steuert. Wie Elayne Hondares von der Universitat de Barcelona und ihre Kollegen über ihre Versuche an Mäusen schreiben, produziert der Fötus diesen Botenstoff noch in nur geringen Mengen. Nach der Geburt jedoch wird das FGF21-Gen in der Leber aktiviert, und der Plasmaspiegel steigt bis zum Ende der ersten Woche stark an. Parallel dazu werden die Gene für die Wärmeerzeugung im braunen Fettgewebe aktiv, und die Körpertemperatur der Jungmäuse steigt.

Das Signal für die Expression des FGF21-Gens stammt, wie die Wissenschaftler entdeckten, aus der Muttermilch. Während normal gesäugte Mäusebabys die innere Heizung aktivieren, deckt alternativ verfütterte Glukoselösung zwar den Energiebedarf, der Plasmaspiegel von FGF21 bleibt jedoch niedrig und das braune Fettgewebe produziert keine Wärme. Der entscheidende Milch-Inhaltsstoff sind ihre Lipide: Auch eine bloße Emulsion von Fettröpfchen in Wasser aktiviert die Signalkette. Als freie Fettsäuren gelangen sie in die Blutbahn und letztendlich in die Leberzellen, wo sie einen Rezeptor am Zellkern aktivieren, der wiederum die Aktivität des FGF21-Gens steuert. Die FGF21-abhängige Signalkette ist jedoch nicht nur am Übergang vom fetalen Stoffwechsel zu dem des Neugeborenen beteiligt, sondern spielt auch später noch eine Rolle im Fettstoffwechsel. So wird bei erwachsenen Säugetieren FGF21 als Reaktion auf eine Fastenphase ausgeschüttet, und im Mausmodell hat das Protein einen positiven Einfluss auf Diabetes und Übergewicht. (lf)

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