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Geochronologie: Nachstellen einer Isotopenuhr

Mondgestein FAN60025

Unser Sonnensystem entstand vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus einer Gas- und Staubwolke, die eine Supernovaexplosion zuvor mit schweren Elementen angereichert hatte. Diese Ereignisse datieren Geochemiker durch die Beobachtung des Zerfalls von radioaktiven Elementen, die in der Supernova gebildet wurden. Alle Messungen basieren dabei auf den Halbwertszeiten der betrachteten Isotope, deren exakte Werte im Labor ermittelt werden können. Ein internationales Forscherteam stellte nun neue derartige Messungen der Halbwertszeit eines Samarium-Isotops vor: Es zerfällt deutlich schneller als bisher angenommen. Ihr Ergebnis verändert die Datierung verschiedener Gesteine von Erde, Mond und Mars und damit unser Verständnis vom jungen Sonnensystem.

Mondgestein FAN60025 | Dünnschliff der Mondgesteinsprobe FAN60025, die von den Astronauten der Mission Apollo 16 zur Erde gebracht wurde. Diese mikroskopische Aufnahme wurde mit polarisiertem Licht gewonnen. Nach der Korrektur der Halbwertszeit des Samarium-146-Zerfalls ergibt sich ein konsistentes Bild ihres Alters: Sie bildete sich rund 175 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems.

Radioaktive Zerfallshalbwertszeiten variieren je nach Element und Isotop von Sekundenbruchteilen bis hin zu Milliarden von Jahren. Mit der Zeit nimmt der relative Anteil des ursprünglichen Isotops ab, während der Anteil der Zerfallsprodukte anwächst. Ist das ursprüngliche Verhältnis der Isotope bekannt, so lässt sich das Alter eines Gesteins aus der Messung des derzeitigen Verhältnisses abschätzen. Die Körper unseres Sonnensystems entstanden gemeinsam aus dem solaren Urnebel. Daher funktioniert diese Art der Altersbestimmung nicht nur bei irdischen Gesteinen, sondern auch bei den Mondgesteinen, welche die Apollo-Astronauten mitbrachten, oder bei Marsgesteinen, die als Meteoriten auf die Erde gelangten.

Ein häufig zur Datierung genutztes Isotop ist Samarium-146, das unter Aussendung eines Alpha-Teilchens in das stabile Neodym-142 zerfällt. Bisher nahmen die Geochemiker an, dass die Halbwertszeit dieses Zerfalls bei rund 103 Millionen Jahren liegt. Wissenschaftler um Norikazu Kinoshita von der Universität in Tsukuba stellten nun im Fachmagazin Science Ergebnisse neuer Labormessungen vor, die diesen Wert deutlich verändern. Danach ist die Halbwertszeit von Samarium-146 mit rund 68 Millionen Jahren signifikant kürzer. Diese Isotopenuhr läuft also gut ein Drittel schneller als bisher angenommen.

Welche Auswirkungen hat diese Erkenntnis nun für unser Verständnis von der Entstehung des Sonnensystems? Die bisher ältesten bekannten Gesteine auf der Erde sind danach noch etwas früher entstanden als bisher angenommen. Konkret bedeutet dies für die bisher ältesten bekannten Gesteine, dass ihr Alter um rund 82 Millionen Jahre von 4,281 Milliarden Jahre auf 4,363 Milliarden Jahre ansteigt. Der relative Unterschied ist klein, doch bedeutet dies, dass die Entstehung bestimmter Gesteine im turbulenten jungen Sonnensystem früher als bisher angenommen stattfand. Zudem löst der neue Wert für die Halbwertszeit ein kürzlich aufgetretenes Rätsel bei der Datierung eines Mondgesteins. Forscher hatten dort mittels zwei weiterer Zerfallsuhren das Alter einer Probe abgeschätzt. Diese zwei Uhren lieferten übereinstimmende Ergebnisse, doch die Samarium-146-Uhr wich deutlich ab. Mit der neuen Halbwertszeit ist dieser Widerspruch nun jedoch aufgelöst.

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