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Neue Materialien: Neuartige Strukturfarben durch diffuse Reflexion

Gel Teaser
Internationales Jahr der Chemie 2011
Japanische Forscher haben ein Material mit einer Strukturfarbe entwickelt, die sich über weite Bereiche verändern lässt und die aus allen Blickwinkeln gleich aussieht. Verantwortlich dafür ist kein Farbstoff, sondern die Struktur des Materials selbst. Das Gel besteht aus separaten Domänen, die mit Licht auf charakteristische Weise wechselwirken und so eine bestimmte Farbe erzeugen.

Normale Strukturfarben wie die irisierender Vogelfedern changieren mit dem Einfallswinkel des Lichts, weil sie auf Interferenz basieren. Der neue Kunststoff dagegen, den ein Team um Yukikazu Takeoka von der Universität Nagoya entwickelte, zeigt aus allen Richtungen die gleiche Farbe. Diese hängt davon ab, mit was für einem Lösungsmittelgemisch die feinen Kanäle des porösen Materials gefüllt sind. In reinem Toluol ist es tiefblau, doch schon bei Zugabe von kleinen Mengen Aceton wechselt es über grün und violett nach gelb. Auch die Temperatur beeinflusst die Farbe.
Strukturfarben durch diffuse Reflexion | Diese Gelscheiben verdanken ihre unterschiedliche Farbe lediglich einem winzigen Spritzer Aceton – und einem Trick.
Das Gel besteht aus dem Kunststoff Poly-2-(2-methoxyethoxy)-ethylmethacrylat (PolyMEO2), der sich je nach Temperatur, bei der er erzeugt wird, sehr unterschiedlich verhält: Über 50 Grad Celsius entsteht bei der chemischen Reaktion ein normales, farbloses Polymer, das sich kaum von verwandten Kunststoffen unterscheidet. Darunter jedoch trennen sich die sich bildenden Kunststoffketten vom Lösungsmittel wie Öl von Wasser – durch diese einsetzende Phasentrennung entwickeln sich wenige Mikrometer große Domänen, die durch Hohlräume und Kanäle voneinander getrennt sind. Unter dem Mikroskop sieht das entstandene Polymer aus wie ein Bündel Würmer.

Die Mikrostrukturen sind deutlich größer als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, deswegen entspricht der Mechanismus der Farbgebung nicht den klassischen Strukturfarben. Das kuriose Verhalten basiert vielmehr auf diffuser Reflexion an den Grenzflächen der Domänen, das sich je nach Wellenlänge unterscheidet. Der Brechungsindex von Stoffen, also das Ausmaß, in dem sie mit Licht wechselwirken, wechselt dabei nicht nur von Stoff zu Stoff und mit der Temperatur, sondern auch abhängig von der Wellenlänge.

Im Fall des Polymers von Takeoka und seinem Team ist der Brechungsindex von Polymer und Lösungsmittel für einen schmalen Wellenlängenbereich gleich, so dass dieses Licht ungehindert das Polymer passiert, während alle anderen Wellenlängen im Material gestreut werden und die Farbe erzeugen. Je nach Lösungsmittelgemisch und Temperatur ist der Bereich der exakten Übereinstimmung ein anderer – und damit auch die Farbe. (lf)

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  • Quellen
Angewandte Chemie International Edition 10.1002/anie.201008182, 2011

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