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Quantencomputer: Neue Moleküle fürs Quantenrechnen

Übergangsmetall-Komplexe speichern Informationen lange genug, um sich als Qubits zu eignen. Sie wären damit ein mögliches alternatives Bauteil für zukünftige Quantencomputer.
Metallorganische Gitter könnten zukünftig Gase speichern und so beispielsweise die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger erleichtern.

Die nächste Revolution in der Informationstechnologie wird mit dem Quantencomputer kommen. Anders als bei seinem herkömmlichen Verwandten, der Informationen in Form von Nullen und Einsen verarbeitet, würde ein solcher Rechner charakteristische Eigenschaften quantenmechanischer Teilchen nutzen, die sich überlagern und verschränken. Dadurch müssen Rechenschritte nicht mehr hintereinander ausgeführt werden, sondern zahlreiche Operationen können parallel laufen – mit immens gesteigerter Leistung.

Nur begrenzte Haltbarkeit

Die Einheiten der Quanteninformation werden Qubits genannt. Ob man mit ihnen praktisch rechnen kann, hängt von ihrer Lebensdauer ab, der so genannten Kohärenzzeit. Denn mit der Zeit wird die Wahrscheinlichkeit immer größer, dass ein Zustand mit den Teilchen in seiner unmittelbaren Umgebung wechselwirkt. Passiert das, verliert er seine nutzbaren quantenmechanischen Informationen.

Wissenschaftler versuchen seit längerer Zeit, geeignete Bauteile für Qubits zu finden, die sich einfach manipulieren und auslesen, aber eben auch möglichst gut speichern lassen – zumindest so lange wie für eine Rechenoperation nötig. Einige arbeiten etwa mit Supraleitern, andere mit dem quantenmechanischen Drehsinn von Teilchen, dem Spin. Die technischen Herausforderungen jedenfalls sind immens. Physiker verfolgen daher verschiedenste Ansätze auf der Suche nach den idealen Komponenten.

Ein Komplex mit Potenzial

Geschützter Spin im Vanadiumkomplex | Die Forscher um Danna Freedman haben verschiedene Vanadiumverbindungen untersucht, in denen Moleküle den Spin des Atoms in der Mitte (grün) von den Spins in ihrer Umgebung quantenmechanisch möglichst gut abschirmen.

Eine Forschergruppe des Freedman Lab an der Northwestern University in den USA hat nun einen speziellen Typ von chemischen Verbindungen eingehend untersucht, die sich als Qubits eignen könnten. Diese Komplexe bestehen aus einem Vanadiumion, das von organischen Schwefelverbindungen umhüllt wird. Diese Liganden schirmen den Spin im Inneren gut ab, so dass seine Information lange erhalten bleibt.

Das Team um Danna Freedman und Joseph Zadrozny verzehnfachte dank der systematischen Suche die Lebensdauer des Qubits verglichen mit einem anderen Komplexsystem, das 2014 eine Gruppe um Katharina Bader vom Institut für Physikalische Chemie in Stuttgart untersuchte. Diese erreichte damals eine Kohärenzzeit von bis zu 70 Mikrosekunden, die Freedman-Gruppe schaffte bei einem der untersuchten Komplexe nun 700 Mikrosekunden.

Die Amerikaner betonen, dass durch diese Steigerung um eine Größenordnung eine Grenze überschritten sei, ab der quantenmechanische Berechnungen mit diesen Komplexen praktisch möglich würden. Tatsächlich liegt die Lebensdauer im Bereich einiger etablierter Festkörper-Qubits – etwa von Stickstoff-Fehlstellen im Diamantgitter, die oft als mögliche Quantencomputer-Bauteile gehandelt werden. Andere spezielle Systeme haben aber bereits längere Kohärenzzeiten, und zudem funktionieren die Vanadium-Komplex-Qubits nur bei tiefen Temperaturen von zehn Kelvin so gut wie beschrieben. Dennoch zeigt die Arbeit, dass es sich lohnen könnte, Komplexe aus Übergangsmetallen weiterhin zu untersuchen, um möglicherweise noch geeignetere Vertreter zu finden. Hier scheint eine neue und vielfältige Klasse möglicher Qubits zu liegen.

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