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Maschinelles Lernen: Neuronale Netze als Quantensimulator

Forscher wollen mit lernfähigen Algorithmen die Quantenphysik aufmischen. Nun sind ihnen mit einem einfachen Modellsystem erste Erfolge gelungen.
Die Quantenwelt ist kompliziert

Zwei Physiker wollen mit Hilfe künstlicher Intelligenz ein zentrales Problem der Quantenphysik lösen. Bisher übersteigt es die Rechenpower von Computern, das Zusammenspiel größerer Quantenensembles zu simulieren, Physiker sprechen vom Viele-Körper-Problem der Quantenphysik. Mit Hilfe neuronaler Netze könnten Wissenschaftler auf diesem Gebiet Fortschritte machen, zeigen Giuseppe Carleo und Matthias Troyer von der ETH Zürich im Fachmagazin "Science".

Im Fokus der Computerexperten steht das berühmte Konzept der Wellenfunktion. Sie enthält alle Informationen, die für die Beschreibung einer bestimmten Situation im Mikrokosmos nötig sind. Allerdings wird die Funktion schnell sehr kompliziert, wenn Physiker damit den Zustand einer größeren Zahl interagierender Teilchen beschreiben oder Prognosen über deren Dynamik abgeben wollen.

Für bestimmte Quantenensembles ist es Physikern schon vor Jahren gelungen, eine kompaktere mathematische Darstellungsweise zu finden. Beispielsweise lassen sich Ketten von Atomen, die jeweils zwei Spinzustände einnehmen können, recht elegant mit Matrizen charakterisieren, was den Rechenaufwand verringert. Insbesondere bei höherdimensionalen Systemen versagen derartige Ansätze aber oft.

Erfolg versprechendes Konzept

In diesem Fall nimmt die Menge an Information, die zur vollständigen Beschreibung des Systems nötig ist, exponentiell mit der Zahl der Teilchen zu. Bereits bei einigen Dutzenden Partikeln wird der Speicheraufwand so enorm, dass ihn kein Computer mehr bewältigen kann.

Carleo und Troyer schlagen nun vor, mit Hilfe lernfähiger Algorithmen gezielt nach kompakteren Darstellungen von Viele-Teilchen-Wellenfunktionen zu suchen. Konkret wollen sie einem neuronalen Netzwerk gewissermaßen die Rolle einer Wellenfunktion geben. Der Algorithmus kann über verschiedene veränderbare Parameter deren genaues Aussehen steuern.

Anschließend wird das Netzwerk mit einer bestimmten Situation im Mikrokosmos konfrontiert, die die Forscher in Form des so genannten Hamilton-Operators der Schrödingergleichung formuliert haben. Durch Ausprobieren soll das künstliche neuronale Netz eine möglichst kompakte Darstellung des Grundzustands des Systems finden.

Die Wissenschaftler konnten in ihrer Studie zeigen, dass dieses Konzept Erfolg versprechend ist. Sie testeten ihr lernfähiges Netzwerk an ein- und zweidimensionalen Spinketten, bei denen bereits eine kompakte Beschreibung der Zustände bekannt war. Dabei zeigte sich, dass das neuronale Netz der Forscher mit weniger Aufwand zu diesem Ergebnis kam als herkömmliche Algorithmen.

Noch sei nicht sicher, ob man auf diese Weise auch schwierigere Viele-Körper-Probleme der Quantenphysik lösen könne, schreibt Michael R. Hush in einem Begleitkommentar. Der Forscher der University of Nottingham sieht aber großes Potenzial: So hätten Carleo und Troyer bisher nur ein einschichtiges neuronales Netz benutzt. Netze aus mehreren Schichten, auf die beispielsweise die Software Alpha Go zurückgreift, könnten die Leistungsfähigkeit der Methode noch deutlich steigern.

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