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Nachjustierung: Nur einmal Zelten stellt innere Uhr richtig

Gesund ist es nicht, wenn wir nicht auf unsere innere Uhr hören - aber auch recht schwierig, denn sie ist enorm flexibel und tickt je nach Saison unterschiedlich.
Lauschiger Zeltplatz im Sonnenuntergang

Die Anforderungen der Zivilisationsgesellschaft machen es unserer inneren Uhr schwer. Statt über den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus wird sie ständig neu und falsch durch Reize wie Koffein, zu früh schrillende Wecker, zu späten Schlaf oder künstliches nächtliches Licht gestört, was allerlei negative gesundheitliche Folgen hat. Zum Glück ist die Uhr aber auch enorm flexibel, wie ein internationales Schlafforscherteam bemerkt: Unser Körper kann sich unter geeigneten Umständen schon in nur einer Nacht neu justieren – wenn wir ihn lassen. Zum Beispiel beim Zelten.

Das meinen die Wissenschaftler nach einer Reihe von Experimenten mit Freiwilligen, die sie mit diversen Messinstrumenten bewaffnet auf kürzere oder längere Campingabenteuer fernab der Zivilisation geschickt hatten, bei denen auf künstliche Beleuchtung möglichst ganz verzichtet werden sollte. Dabei war den Forschern zunächst aufgefallen, dass der menschliche Körper sich je nach Jahreszeit an die Sonnenzeit anpasst: Alles, so etwa der in diesem Zusammenhang besonders wichtige Spiegel des Hormons Melatonin, pegelt sich auf die jeweils aktuelle Periode zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ein. Und dies gilt sommers wie winters: Die Körperfunktionen von fünf hartgesottenen Kandidaten, die ein Wintercamp in der Wildnis bezogen hatten, näherten sich dem winterlichen Lichtzyklus mit knapp neuneinhalb Stunden Helligkeit und 14,5 Stunden Dunkelheit.

Neben den Hormonwerten änderte sich dabei auch das Schlafverhalten: Die Wintercamper gingen etwa knapp 2,5 Stunden früher zu Bett, um dann aber nicht früher aufzustehen; sie schliefen also länger. Im Sommer ändern sich bei solchen Versuchen ebenfalls die Schlafzeiten, werden dabei eher kürzer als gewohnt. Diese saisonale Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers war bisher unterschätzt worden, meinen die Forscher. Der entscheidende Faktor für die Umstellung ist bekanntermaßen das natürliche Licht: Beim Campen, so zeigten die Messinstrumente, war es über den Tag bei den Sommercampern 4-mal, bei den Winterteilnehmern sogar 13-mal so hell wie bei Vergleichspersonen, die zu Hause blieben.

Nun wollten sie im letzten Schritt noch herausfinden, wie schnell die Anpassung erfolgt – und waren von dem Resultat selbst überrascht: Nur ein Wochenendtrip mit Zelt reichte aus, um die Melatoninwerte, also den zirkadianen Rhythmus, an die Lichtverhältnisse anzugleichen. Der Körper stellt sich damit allerdings wohl schneller auf die Lichtverhältnisse ein als die Gewohnheit, wie die Schlafzeiten der Kurzzeitcamper belegen: Sie blieben im zuvor angewöhnten Rhythmus, der dann weder zum Hormonzyklus noch zu den Lichtverhältnissen passt. Damit kommt der Mensch offenbar klar, insgesamt aber, so empfehlen die Forscher, sollten wir auf die Sonne sowie den eigenen Körper hören – und, wenn möglich, je nach Jahreszeit früher ins Bett gehen und aufstehen oder länger schlafen.

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