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Planetenlandung: Ohne Rundblick auf dem Mars

Der ExoMars-Lander Schiaparelli wird keine spektakulären Bilder von der Marsoberfläche senden. Fachleute sind enttäuscht, doch die Aufgabe von Schiaparelli ist eine andere, erklärt Kamera-Teamleiter Detlef Koschny.
Schiaparelli trennt sich vom Trace Gas Orbiter (künstlerische Darstellung)

Sollte am 19. Oktober 2016 der ExoMars-Lander Schiaparelli sanft auf der Oberfläche aufsetzen – eine Premiere für die ESA – wird es eins sicher nicht geben: jenes ikonische erste Foto des Landeplatzes, das von Venus bis Titan inzwischen zur Tradition irdischer Planetensonden geworden ist. Die Sonde trägt nur eine Kamera, die Descent Cam – sie fotografiert während des Landemanövers fast senkrecht nach unten und verstummt schon mehrere hundert Meter über dem Mars für immer.

Die sparsame optische Ausstattung der Sonde in einer Zeit, in der opulente Planetenbilder fast schon Pflicht sind, hat intern und außerhalb der ESA für Befremden gesorgt. Das vergleichsweise leichte Gepäck von Schiaparelli sei ursprünglich dem Missionsprofil geschuldet, erklärt Detlef Koschny, Leiter der Arbeitsgruppe der Descent Cam, im Interview mit "Spektrum.de".

Herr Koschny, warum trägt Schiaparelli so vergleichsweise wenig wissenschaftliche Nutzlast?

Detlef Koschny: ExoMars ist eben keine rein wissenschaftliche Mission, sondern ein so genannter Technologie-Demonstrator, wie auch zum Beispiel die Mondsonde Smart-1. Bei unseren wissenschaftlichen Missionen müssen die Instrumente und andere Bauteile einen bestimmten Entwicklungsstand haben, und den erreicht man nur mit Hilfe solcher Missionen. ExoMars ist quasi ein Hybrid, denn beim Orbiter TGO steht definitiv die Wissenschaft im Vordergrund, während der Lander vor allem die Landetechnik erproben soll.

Detlef Koschny

Was sprach gegen Oberflächenbilder?

Für die Aufgabe als Technologie-Demonstrator sind Umgebungsbilder nach der Landung nicht erforderlich, deswegen war so eine Kamera im Missionsdesign nicht vorgesehen. Mit allen Verkabelungen wiegt sie ja etwa 800 Gramm, und man will bei solchen Missionen zuerst möglichst viel Gewicht einsparen.

Hätte man nicht als Reaktion auf die Kritik eine weitere Kamera nachträglich hinzufügen können?

Später haben wir auch gesagt, dass es schön wäre, so eine Kamera zu haben, aber das Risiko war uns dann zu groß. Eine zusätzliche Kamera anzuschrauben, klingt trivial, tatsächlich ist das aber sehr komplex. Jede weitere Komponente erhöht die Fehleranfälligkeit des gesamten Systems. Wenn die Kamera dann nicht funktioniert, lässt sich das verschmerzen, aber im Extremfall macht uns das dann ein anderes System kaputt. Das lässt sich nicht genau vorhersagen.

Wären die Aufnahmen das zusätzliche Risiko nicht wert gewesen?

Wir bewegen uns da durchaus in einem Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Risiko. Bei der ESA ist man hier konservativ, auch zum Leidwesen der Wissenschaftler, die sich oft mehr Risikobereitschaft wünschen. Aber im Endeffekt zahlt sich die erhöhte Sicherheit doch immer wieder aus.

Welche Aufnahmen erwarten Sie von der Descent Cam?

Die Descent Cam zeigt in einem Winkel von 20 Grad nach unten und wird nach dem Abwurf des Hitzeschilds im Abstand von 1,5 Sekunden insgesamt 15 Bilder machen. Wegen der Rotation des Landers und der Orientierung des Fallschirms wissen wir nicht genau, was die Aufnahmen zeigen werden. Es könnte durchaus auch der Horizont zu sehen sein.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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