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Ozeane: Versauerung bedroht wichtigen Sauerstofflieferanten

Das von der Menschheit ausgestoßene Kohlendioxid treibt nicht nur die Erderwärmung an, sondern senkt auch die pH-Werte im Meer. Das schadet selbst Kieselalgen.
Kieselalgen

Neben der Aufheizung der Meere bedrohen auch sinkende pH-Werte des Wassers viele Lebewesen im Ozean. Korallen sind dafür vielleicht das beste Beispiel: Sie bleichen aus, wenn es ihnen über längere Zeit zu warm ist, und sie bauen ihr Kalkgerüst schlechter auf, wenn es zu sauer wird. Laut einer Studie von Jan Taucher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung in Kiel und seinem Team in »Nature« bekommen jedoch selbst Kieselalgen zunehmend Probleme, wenn das Meer weiter versauert. Sie galten bislang als eher robust, weil ihre Zellhüllen aus Siliziumdioxid bestehen.

Kieselalgen gehören zu den wichtigsten Organismen im Ozean: Sie bilden die Grundlage vieler Nahrungsnetze und entziehen der Atmosphäre durch ihre schiere Masse große Mengen an Kohlendioxid. Damit tragen sie in erheblichem Umfang zur noch vorhandenen Senkenwirkung der Meere bei. Kieselalgen oder Diatomeen leisten rund 40 Prozent der Produktion an pflanzlicher Biomasse im Meer. Wenn sie absterben, verfrachten sie riesige Mengen an Kohlenstoff in die Tiefsee.

Durch die sinkenden pH-Werte lösen sich die Siliziumschalen von Kieselalgen inzwischen langsamer auf, weshalb tote Diatomeen in tiefere Wasserschichten als bisher absinken, bevor sie sich chemisch auflösen. Die frei werdende Kieselsäure steht daher in den oberen, lichtreichen Wasserschichten in geringerem Umfang als zuvor zur Verfügung, wo ihn neue Generationen an Kieselalgen jedoch für ihre Schalen benötigen.

Das hat langfristige Konsequenzen: »Bereits bis Ende dieses Jahrhunderts rechnen wir mit einem Verlust von bis zu zehn Prozent Kieselalgen«, sagt Jan Taucher: »Es ist aber wichtig, über 2100 hinaus zu denken. Der Klimawandel wird nicht abrupt aufhören, und gerade globale Effekte benötigen etwas Zeit, bis sie deutlich sichtbar werden. Je nach Menge der Emissionen prognostiziert unser Modell in der Studie einen Verlust von bis zu 27 Prozent Kieselsäure im Oberflächenwasser und einen ozeanweiten Rückgang der Kieselalgen von bis zu 26 Prozent bis zum Jahr 2200 – mehr als ein Viertel des aktuellen Bestands.« Die Folgen für die Nahrungsnetze sind noch nicht absehbar.

Für ihre Studie experimentierte die Arbeitsgruppe mit so genannten Mesokosmen in verschiedenen Regionen von den Subtropen bis zur Arktis: großvolumige, überdimensionale Reagenzgläser im Ozean mit einem Fassungsvermögen von mehreren zehntausend Litern, in denen Veränderungen der Umweltbedingungen in einem abgeschlossenen, aber sonst natürlichen Ökosystem untersucht werden können. Das Wasser reicherten sie dann mit Kohlendioxid an, wie es für zukünftige Klimaszenarien erwartet wird.

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