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Verhalten: Persönlichkeit zahlt sich aus

Der eine hält sich eher schüchtern im Hintergrund, der andere geht gleich offen auf Leute zu - je nach Typ unterschiedlich: Die Persönlichkeit von Menschen ist facettenreich und vielschichtig. Ähnliches gilt auch für Hund, Katze, Maus und Meerschweinchen. Aber Charaktertypen bei Einsiedlerkrebsen?
Einsiedlerkrebs
Mühe, die sich lohnt: Einsiedlerkrebse tragen ihr Heim immer mit sich herum. Das verhindert Hausbesetzung während Abwesenheit, und bei Gefahr – schwups, sind sie verschwunden. Nur: Wann soll sich der kleine Krebs wieder vor die Tür trauen? Zu früh, und er wird gefressen. Zu spät, und er findet vielleicht selbst nichts Leckeres mehr, weil seine Kumpane schneller waren. Ein alltägliches Dilemma.

Theoretisch können Tiere auf jede Situation individuell reagieren. Natürlich immer im Rahmen ihrer Möglichkeiten: Ein Regenwurm wird bei Gefahr nicht zur Seite springen, da ihm schlicht die entsprechenden Gliedmaßen dafür fehlen. Auch wird sich ein hungriges Tier eher in Gefahr bringen, wenn der mögliche Nutzen – Futter –, die möglichen Kosten – selbst Beute zu werden – überwiegt. Also bleibt auch ein Einsiedlerkrebs je nach Situation womöglich unterschiedlich lange in Deckung.

Doch darüber hinaus könnten ja nun einzelne Krebse unabhängig von der Situation eher mutiger oder ängstlicher reagieren als andere. Sie hätten also eine ganz eigene Persönlichkeit. Von vielen Tieren sind solche Charaktertypen bekannt. Mark Briffa und seine Kollegen von der Universität Plymouth interessierte nun, ob auch Einsiedlerkrebse ihre persönlichen Eigenheiten zeigen.

Erschreckter Einsiedlerkrebs | Nachdem die Forscher den kleinen Scherenträger aus dem Wasser hoben, zog sich dieser eiligst in sein Häuschen zurück.
Dafür untersuchten sie den Mut der Schalenbewohner: Ängstliche Tiere sollten sich langsamer wieder aus ihrem Versteck trauen, so die Annahme. Die Forscher erschreckten die Tiere zuerst vor Ort, indem sie sie mit der Hand aus dem Wasser holten – als ob ein Vogel sich den leckeren Happen mit dem Schnabel geschnappt hätte. Dann stoppten sie die Zeit, die die kleinen Scherenträger brauchten, bis sie sich wieder aus ihrem Haus wagten.

Einsiedlerkrebs traut sich nach draußen | Ist die Gefahr vorbei? Die Forscher stoppten die Zeit, die der Krebs brauchte, bis er wieder mit Scheren und Beinen aus seiner Behausung auftauchte
Danach wanderten die Schneckenhausbewohner mit ins Labor, und nach ein paar Tagen Ruhe schauten die Forscher, wie sich die Anwesenheit und Abwesenheit von Strandkrabben auf die Krebse auswirkte. Strandkrabben sind deren natürliche Feinde, und die Krebse reagieren auf chemische Signalstoffe, die diese ausscheiden. Während der Versuche wurde das Wasser, in dem die Tiere lebten, mehrmals ausgetauscht. Beim Wasserwechsel bekam eine Gruppe Wasser aus einem Behälter mit Strandkrabben, die andere Gruppe normales Meerwasser. Beim nächsten Wasserwechel wurde dann getauscht. Ein paar Stunden nach jedem Wasserwechsel hoben die Wissenschaftler die Krebse hoch und prüften, wie schnell sie wieder aus ihren Schalen hervorschauten.

Waren Strandkrabben "in der Nähe", trauten sich die Einsiedler durchweg langsamer wieder aus ihrem Haus, als wenn sie keine Feinde wahrnahmen. Trotzdem gab es mutigere Krebse, die jeweils schneller hervorkamen als ihre schüchternen Artgenossen.

Dass einzelne Tiere in unterschiedlichen Situationen eher schüchterner oder eher mutiger sind, hat eindeutige Vorteile. Es ist weniger kostenintensiv für die Art, als sich an jede Situation mit einem neuen Verhalten anzupassen. Und bestimmte "Persönlichkeiten" könnten je nach Umweltbedingungen dann bevorzugt vorkommen: Während die Zurückhaltenden vielleicht in einem Gebiet mit einer hohen Zahl an Räubern im Vorteil sind, finden Vorwitzige einfacher Nahrung oder eine neue Wohnung.

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