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News: Pflanzen helfen nicht gegen schlechte Büroluft

Wenn Sie Ihre verbrauchte Büroluft mit ein paar Topfpflanzen auffrischen möchten, wird Ihnen das nicht viel helfen. Dazu müßte Ihr Büro schon aussehen wie der Frankfurter Palmengarten. Denn Pflanzen filtern nur einen geringen Teil von Schadstoffen wie beispielsweise Formaldehyd aus der Luft. Diese Substanz steht im Verdacht, das Sick Building Syndrom auszulösen.
Gewöhnlich enthält Raumluft eine ganze Reihe organischer Moleküle. Die als flüchtige organische Verbindungen bezeichneten Substanzen werden mit dem Sick Building Syndrom (SBS) in Verbindung gebracht und können Müdigkeit, Irritationen und Unwohlsein auslösen. Eine bestimmte Krankheit läßt sich allerdings nicht feststellen, und ebenso ist es häufig schwierig, eine direkte Kette von Ursache und Wirkung zu finden. Bisher hat man die Luftqualität mit neuen Klimaanlagen verbessert, schadstoffhaltige Materialien entfernt – oder sich Pflanzen ins Fenster gestellt. Denn viele nehmen an, das Grün würde die Luft filtern. Doch dafür gibt es kaum Beweise. "Jeder glaubt, Pflanzen seien die Lösung für Luftverschmutzung in Büroräumen und das Sick Building Syndrom", sagt Peter Dingle von der Murdoch University in Westaustralien. "Aber das ist nur einer unserer unsterblichen urbanen Mythen."

Um herauszufinden, ob an dieser weitverbreiteten Annahme irgendetwas wahres dran ist, haben Dingle und seine Kollegen die Auswirkungen von Zimmerpflanzen auf die Konzentrationen von Formaldehyd in der Luft untersucht. Dieser Stoff kann bei einer Konzentration von etwa 0,01 bis 1,6 Milligramm pro Kubikmetern Augenbrennen, Hautreizungen und Übelkeit auslösen und ist in hoher Konzentration von über dreißig Milligramm pro Kubikmeter sogar lebensgefährlich. Außerdem wirkt Formaldehyd verstärkend auf Asthma, Heuschnupfen und ist möglicherweise krebserregend.

Dingle bestimmte daher die Formaldehydkonzentrationen in Büros, deren Nutzer sich über die schlechte Luftqualität beklagt hatten. Er untersuchte in Perth 18 Bürogebäude und zwanzig provisorische Universitätsgebäude, deren Baustoffe oft Formaldehyd enthielten – beispielsweise Sperrholz und einige isolierende Schaumstoffe.

In den Bürogebäuden lagen die Luftkonzentrationen zwischen 0,01 bis 0,078 Milligramm pro Kubikmeter, während sie in den Uni-Gebäuden von 0,42 bis 2,11 Milligramm pro Kubikmeter rangierten. Diese Werte übertreffen den von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Sicherheitsstandard von 0,082 Milligramm pro Kubikmeter um ein Vielfaches.

Außerdem maß Dingle in fünf Versuchsräumen von je acht Quadratmetern Größe den Grad der Luftreinigung durch Pflanzen. Er setzte fünf Pflanzen hinein und fügte alle zwei Tage fünf hinzu, bis insgesamt zwanzig Pflanzen in den Versuchsräumen standen. Dennoch blieben die Formaldehydkonzentrationen bis zu einer Anzahl von zehn Pflanzen unverändert. Erst bei zwanzig Pflanzen gingen die Werte von 0,85 auf 0,76 Milligramm pro Kubikmeter zurück. Wenn Topfpflanzen tatsächlich gegen das Sick Building Syndrom helfen, meint Dingle, dann ist es nur ein psychologischer Effekt. "Pflanzen machen Räume schöner und einladender, die Luft aber nicht wesentlich sauberer."

Jeff Llewellyn, ein Experte für Raumluftqualität vom britischen Building Research Establishment in Watford meint jedoch, man solle den psychologischen Faktor nicht unterschätzen. Eventuell sei die Fähigkeit von Pflanzen, Schadstoffe aus der Luft zu filtern, noch nicht hinreichend erforscht. "Formaldehyd ist nur einer von vielen Luftschadstoffen."

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