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News: Pflanzen sind gut gegen UV-Strahlung gefeit

Das Ozon in der Stratosphäre nimmt ab, die UV-Strahlung steigt - diese Problematik wird oft nur unter dem Aspekt eines höheren Hautkrebsrisikos diskutiert. Forscher der Universität Würzburg wollen aber auch wissen, wie Pflanzen mit ultravioletter Strahlung fertigwerden. Ihre Prognose: Pflanzen schützen sich so gut, daß vermutlich auch dann nicht mit Schäden gerechnet werden muß, wenn die UV-Strahlung in den kommenden Jahren zunimmt.
Ein äußerst wichtiges Schutzsystem besteht darin, daß die Pflanzen in ihrer äußersten Zellschicht, der Epidermis, sogenannte Phenole einlagern. Die Phenole, zu denen beispielsweise die Flavonoide gehören, schirmen einen Teil der energiereichen UV-Strahlung ab und schützen somit die Zellen, die unter der Epidermis liegen. Zu diesem Schutzsystem tragen weitere Faktoren bei: die Struktur der Blattoberfläche, ihre Behaarung sowie an der Oberfläche akkumulierte Substanzen, die sogenannten Mehlstaub-Flavonoide.

Das berichtet PD Dr. Markus Veit, der am Lehrstuhl für pharmazeutische Biologie und im Botanischen Garten der Universität Würzburg seit vier Jahren die Rolle von Flavonoiden als UV-Schutzpigmente in der Blattepidermis höherer Pflanzen untersucht. Traditionell beschäftigt sich die Pharmazeutische Biologie zwar mit biogenen Arzneimitteln, also auch mit den Inhaltsstoffen von Pflanzen. Weil aber immer deutlicher wird, daß diese Inhaltsstoffe auch vielfältige Bedeutungen bei den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und ihrer Umwelt haben, dürften in einer modernen Pharmazeutischen Biologie ökologische Aspekte nicht fehlen, so Dr. Veit.

Bei seinen Forschungen wurde offensichtlich, daß Pflanzen UV-Strahlung durch eine Reihe von Schutzsystemen sehr gut bewältigen können. Um solche Systeme zu untersuchen und zu beschreiben, wurden im Rahmen des Bayerischen Klimaforschungsverbunds BayFORKLIM zwei miteinander kooperierende Teilprojekte in Würzburg etabliert. Das Teilprojekt von Prof. Dr. Markus Riederer setzt sich mit der den Blättern aufgelagerten Wachsschicht, das von Dr. Veit mit der Epidermis auseinander.

In Kooperation mit dem Arbeitskreis von PD Dr. Ulrich Schreiber und Prof. Dr. Wolfgang Bilger wurde an der Universität Würzburg ein Verfahren entwickelt, mit dem nichtinvasiv und rasch ermittelt werden kann, wie durchlässig pflanzliche Oberflächen und Abschlußgewebe für UV-Strahlung sind. Die Methode beruht darauf, daß sich der grüne Blattfarbstoff, das Chlorophyll, zur Fluoreszenz anregen läßt – und dies funktioniert auch mit UV-Strahlung. Nach der Anregung messen die Forscher die vom Chorophyll abgegebene Fluoreszenz. Deren Intensität ist proportional zur Intensität der Anregung mit UV-Strahlung, sofern diese einen bestimmten Betrag nicht überschreitet.

Dr. Veit erklärt die Experimente weiter: Bevor das UV-Anregungslicht in den tiefer im Blatt liegenden Zellen auf Chlorophylle trifft, muß es die Epidermis passieren – diese ist chlorophyllfrei. Je mehr Schutzpigmente nun in der Epidermis eingelagert sind, umso stärker wird die UV-Strahlung abgeschwächt und umso geringer fällt die Fluoreszenz aus. Blaues Anregungslicht mit einer Wellenlänge über 400 und auch die Chlorophyllfluoreszenz mit Wellenlängen von 680 bis 750 Nanometern dagegen werden in der Epidermis praktisch nicht abgeschwächt. Somit läßt sich aus den Verhältnissen der Anregung mit blauem Licht und der mit UV-B bzw. UV-A leicht die Abschirmung der beiden kurzwelligen Spektralbereiche errechnen.

Neben diesem Instrumentarium kommen bei den Experimenten auch spektralaufgelöste Strahlungsmessungen zum Einsatz. Diese werden vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur in Wien durchgeführt und ermöglichen es laut Dr. Veit, die Ergebnisse sinnvoll zu interpretieren. Solche Messungen wurden in natürlichen Pflanzenbeständen und an pflanzlichen Oberflächen am Naturstandort bislang noch nicht durchgeführt – Würzburg und Wien betätigen sich hier als Pioniere.

Die Ergebnisse, die bisher erzielt wurden, faßt Veit so zusammen: UV-Strahlung setzt die Akkumulation von Flavonoiden als Schutzpigmente in den Epidermen von Blättern krautiger Pflanzen in Gang. Dafür reichen schon kurze Expositionszeiten. Unter natürlichen Bedingungen führt die am Standort der Pflanze vorherrschende Strahlung zu maximalen Blattflavonoidgehalten, die für die jeweilige Pflanze typisch sind. Eine darüber hinausgehende Akkumulation von Schutzpigmenten durch höhere Strahlungsdosen wurde nicht beobachtet.

Höhere Dosen UV-B-Strahlung führen – zumindest bei einigen Arten – zu Verschiebungen in der Zusammensetzung der epidermalen Blattflavonoide. Es werden vermehrt Substanzen gebildet, die durch ihr verändertes Substitutionsmuster bessere Radikalfänger und somit wirkungsvollere Antioxidantien darstellen.

An ihren natürlichen Standorten sind die meisten Pflanzen sehr gut an das jeweils herrschende Strahlungsklima angepaßt. Dabei scheint die Amplitude der Strahlungsdosen, die schädigungsfrei vertragen werden, so groß zu sein, daß für die einzelne Pflanze auch bei einer Erhöhung der UV-Strahlung an der Erdoberfläche in den kommenden Jahrzehnten nicht mit Schäden gerechnet werden muß.

Es müsse aber berücksichtigt werden, schränkt Veit ein, daß vor allem bei züchterisch veränderten Nutzpflanzen eine optimale Anpassung verlorengegangen sein kann. Außerdem könnten Einflüsse auf die Zusammensetzung natürlicher Lebensgemeinschaften durchaus weitreichend sein, da sich auch geringfügig unterschiedliche Reaktionen einzelner Arten auf das Konkurrenzgeschehen und damit auf die Artenzusammensetzung auswirken können.

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