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Emotionspsychologie: Politische Gesinnung regiert Gefühle

Folterbilder aus Abu Ghraib erregen bei Republikanern weniger Ekel als bei Demokraten.
Ventromedialer präfrontaler Kortex
Abscheuliche Szene wie Fotos aus dem US-Militärgefängnis im irakischen Abu Ghraib erregen beim einen Betrachter mehr Widerwillen, beim anderen weniger – je nach Erfahrung, Wissen und Einstellung des Betreffenden. Dass auch politische Überzeugungen über unser Gefühlsleben bestimmen können, zeigten nun amerikanische Neuroforscher von der Emory University in Atlanta.

Das Team um Stephan Hamann bat je 15 überzeugte Anhänger der demokratischen beziehungsweise republikanischen Partei zum Hirnscan in ihr Labor. Im Magnetresonanztomografen liegend sahen die Teilnehmer üble Folterbilder aus Abu Ghraib sowie weitere unschöne Fotos ohne politischen Bezug. Republikaner berichteten danach über weniger Ekelgefühle beim Betrachten der Folterszenen als Demokraten. Die Bilder ohne politischen Inhalt empfanden beide Gruppen hingegen als gleich widerwärtig.

Der gefühlte Unterschied in Sachen Folter spiegelte sich auch in der neuronalen Aktivität der Probanden wider: Republikaner zeigten eine wesentlich geringere Aktivität im ventromedialen präfrontalen Kortex (VMPFC) als Demokraten. Diese Hirnregion ist am Entstehen negativer Emotionen wie Wut oder Abscheu maßgeblich beteiligt.

Die Forscher erklären ihre Ergebnisse mit dem Vermeiden "kognitiver Dissonanz": Dieser psychologischen Theorie nach schneidern wir uns unsere Gefühlsreaktion passend zurecht, damit sie nicht in Widerspruch zur eigenen Grundüberzeugung steht. Mit anderen Worten: Die republikanischen Probanden verkniffen sich den natürlichen Ekel, der den Anti-Terrorkampf des (republikanischen) Ex-Präsidenten George W. Bush in ein äußerst zweifelhaftes Licht rückt. (sc)


Hamann, S. et al.: Political Party Affiliation Affects fMRI Responses to Emotional Social Stimuli. 15th Annual Meeting of the Organization for Human Brain Mapping, San Francisco, 18.-22.6.2009.

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