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News: Rätselhafter Gentransfer

Sie sind weltweit schon verbreitet - die transgenen Pflanzen. Doch immer noch wird die grüne Gentechnik unter den Wissenschaftlern kontrovers diskutiert. Kritiker sehen in der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen ein unvertretbares ökologisches Risiko, während Befürworter betonen, es gäbe keine größeren Risiken als bei herkömmlichen Züchtungsmethoden. Jüngste Erkenntnisse ermahnen erneut zur Vorsicht im Umgang mit der Gentechnik - Forscher haben in Wildformen von Mais entlegener Gebiete Mexikos genetisch verändertes Material entdeckt, das dem von transgenem Mais entspricht.

Gentechniker können Pflanzen heutzutage mit einer Reihe erwünschter Eigenschaften ausstatten. So gibt es beispielsweise transgene Pflanzen, die gegen bestimmte Krankheiten, Schädlinge oder Herbizide widerstandsfähig sind. Im Visier der Wissenschaftler steht aber auch die Herstellung von kälte- oder trockenheitstoleranten Pflanzen, um in vegetationsarmen Gegenden die landwirtschaftliche Produktion zu ermöglichen.

Bisher sagten die Gentechniker jedoch vor allem Wildkräutern und Pflanzenschädlingen den Kampf an. So versahen sie Nutzpflanzen beispielsweise mit einem Gen des Bacillus thuringiensis (Bt), wodurch diese gegen Insekten resistent werden, die von Spritzmitteln kaum erreicht werden können. So gennanter Bt-Mais ist mittlerweile in einigen Ländern für den Anbau zugelassen, denn scheinbar kann er sein genetisches Material nicht unkontrolliert auf seine ursprünglichen Verwandten übertragen und stellt somit kein ökologisches Risiko dar.

Doch gegen diese Annahme sprechen Studienergebnisse von Ignacio Chapela und David Quist von der University of California in Berkeley. Sie untersuchten die DNA heimischer Maissorten Mexikos von vier Feldern der abgelegenen Bergregion Sierra Norte de Oaxaca. Dieses genetische Material verglichen sie mit der DNA genetisch unveränderter Kontrollpflanzen, die zum einen aus derselben Region, jedoch aus einer Samensammlung von 1971 – also aus einer Zeit vor der Freisetzung transgener Pflanzen – und zum anderen aus dem Cuzco Valley in Peru stammten.

Die Wissenschaftler machten eine alarmierende Entdeckung: Einige der Maisproben waren mit fremder DNA kontaminiert. In vier von sechs Proben fanden sie p-53S – ein Promotor (Steuerelement) aus dem Blumenkohl-Mosaikvirus (CMV), der häufig bei der Herstellung transgener Pflanzen eingesetzt wird. Weiterhin entdeckten sie in zwei von sechs Proben ein Gen des Agrobacteriums tumefaciens und in einer der Proben ein Gen des Bacillus thuringiensis – DNA-Sequenzen, die ebenfalls nur in genetisch veränderten Pflanzen vorhanden sein sollten. Die Kontrollen dagegen enthielten keine fremden DNA-Bausteine.

Anschließend untersuchten die Forscher die DNA, die den CMV-Promotor umgaben, und stellten fest, dass diese Fragmente unterschiedlich sind. Offensichtlich werden die fremden Gene völlig zufällig ins Maisgenom eingefügt. Deshalb vermuten die Forscher, dass die Kontamination nicht auf einen einzigen Gentransfer zurückzuführen ist, sondern dass sie über mehrere Bestäubungen und einen längeren Zeitraum hinweg erfolgte.

Rätselhaft bleibt allerdings, wie die fremde DNA übertragen wurde. Denn das nächstgelegene Feld mit transgenem Mais lag etwa 60 Meilen entfernt und laut Experten sind Maispollen viel zu schwer, um sich über eine solch weite Strecke mit dem Wind zu verbreiten. Außerdem untersagte die mexikanische Regierung schon 1998 den Anbau von gentechnisch verändertem Mais. Unklar ist, ob der Anbaustopp nur bedingt eingehalten wurde oder ob die Kontamination schon vorher stattfand. Fakt ist auf jeden Fall, dass transgene Pflanzen tatsächlich ihre DNA auf unkontrollierte Weise auf Wildtyp-Pflanzen übertragen können.

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