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Olfaktorischer Sinn: Richtig riechen klappt nur beim Ausatmen

Um etwas zu riechen, na logisch, muss man einatmen. Stimmt gar nicht, zeigen Forscher: Das Gegenteil ist richtig.
Rachenraum beim Riechen

Der Geruchssinn des Menschen warnt einerseits vor Gefahren – etwa vor giftigen Gasen oder dem Verschlucken von Ekel erregenden Dingen; er unterstützt andererseits aber auch das Wahrnehmen leckerer Speisen und Getränke. Diese beiden unterschiedlichen Aufgaben werden bekanntermaßen von unterschiedlichen Sensoren erledigt. Eine wichtige, bislang unterschätzte Rolle spielt dabei die Anatomie des Rachenraums, meinen nun Forscher der Yale University: Seine Form sorgt für besondere Strömungsverhältnisse, die Geruchspartikel von Speisen in der Mundhöhle nur beim Ausatmen auf die Sinneszellen der hinteren Nasenhöhle leiten – während die Zirkulation beim Einatmen an andere Stellen geleitet wird.

Künstlicher Rachenraum | Im 3-D-Drucker entstand der exakte Nachbau eines Nasen-Rachen-Raums, der Geruchsforschern Aufschluss über die Luftzirkulation beim Aus- und Einatmen gab. Dabei zeigte sich: Geruchsstoffe aus dem Mundraum finden ihren Weg zu den Rezeptoren der Nasenschleimhaut vor allem beim Ausatmen (rot); beim Einatmen (blau) "schmecken" wir deshalb eher wenig.

Dies demonstrierten die Forscher mit einem eigens im 3-D-Drucker hergestellten exakten Abbild des Nasen-Rachen-Raums eines gesunden Freiwilligen, dessen obere Atemwegsanatomie zuvor per CT präzise vermessen worden war. Anschließend testeten die Forscher den Kunstrachenraum unter unterschiedlichsten Bedingungen mit exakt lokalisierbaren Tracersubstanzen, die beim Ventilieren in die verschiedensten Richtungen gewirbelt wurden. Wie sich zeigt, sorgt vor allem die Gestaltung des hinteren Mundrachens für stark differierende Strömungsverhältnisse beim Aus- und Einatmen: Nur beim Ausatmen strömen flüchtige Stoffe aus dem hinteren Mundraum auf die für die Geruchswahrnehmung entscheidenden olfaktorischen Rezeptoren in der hinteren oberen Nasenschleimhaut.

Beim Einatmen dagegen bildet sich ein ziemlich dichter Luftvorhang, der einströmende Duftpartikel von diesen Rezeptoren abschottet: Der Strom leitet die schon im Mundraum konzentrierten Duftpartikel weiter nach unten durch den Schlundrachen in Trachea und Lunge, nicht aber auf die Riechschleimhaut. Besonders stabil stellen sich diese Verhältnisse bei Strömungsgeschwindigkeiten ein, wie sie beim ruhigen Ein- und Ausatmen typischerweise auftreten.

Die Bedeutung der "retronasalen" Wahrnehmung bei der subtilen Differenzierung von Geschmacksrichtungen und Gerüchen war lange bekannt – ebenso wie die Tatsache, dass sie auf flüchtigen Geschmacksträgern aus dem Mundraum beruht, die quasi "von hinten" in den Nasen-Rachen-Raum gelangen. Die Bedeutung der Anatomie für die ventilationsbedingte Geschmacksverstärkung, so die Forscher, sei aber bisher eindeutig unterschätzt worden.

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