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Quantenoptik: Röntgenlicht macht Eisenkerne durchsichtig

Prinzip der elektromagnetisch induzierten Transparenz

Elektromagnetisch induzierte Transparenz (EIT) ist ein quantenoptischer Effekt, bei dem die Wechselwirkung von Licht mit Materie ein ansonsten undurchsichtiges Material für bestimmte Wellenlängen transparent macht. Während dieses Phänomen bei optischen Frequenzen bereits seit vielen Jahren zum Einsatz kommt, zeigen Ralf Röhlsberger und seine Kollegen vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg nun erstmals, dass es auch bei energiereicher Röntgenstrahlung auftritt.

In seinen Experimenten bringt das Forscherteam zwei nur wenige Nanometer dicke Schichten aus Eisen-57-Atomen zwischen zwei parallele Platinspiegel. Auf diese Anordnung lenken die Wissenschaftler dann einen extrem feinen Röntgenstrahl aus der Synchrotronlichtquelle PETRA III, wodurch die Eisenkerne zunächst angeregt werden und dann ebenfalls Röntgenstrahlung aussenden, die innerhalb des Spiegelsystems hin- und herreflektiert und eine stehende Welle ausbildet.

Prinzip der elektromagnetisch induzierten Transparenz | Die Vielfachbilder zweier Objekte zwischen zwei parallelen Spiegeln illustrieren das Prinzip der elektromagnetisch induzierten Transparenz von Atomkernen: Lässt man Röntgenstrahlen zusammen mit zwei Eisenschichten in einem solchen Spiegelsystem (optischer Resonator) miteinander wechselwirken, so entsteht ein quantenmechanischer Überlagerungszustand aus dem Eisen und seinen Spiegelbildern, der die Atomkerne des Eisens durchsichtig erscheinen lässt.

Liegt nun eine Eisenschicht genau in einem Maximum der stehenden Welle und eine andere in einem Minimum, werden die Atomkerne nahezu durchsichtig für das Röntgenlicht, berichten die Wissenschaftler um Röhlsberger. Verschiebt man die Atomschichten nur minimal aus dieser Position, wird das System dagegen wieder undurchsichtig. Dieser Transparenzeffekt ist bereits aus der Laserphysik bekannt: Dort lässt sich in Atomen die Absorption einer bestimmten Wellenlänge – hervorgerufen durch den Übergang eines Elektrons auf ein höheres Energieniveau – mit Hilfe von Laserlicht unterdrücken. Auf diese Weise werden die Atome für ebendiese Wellenlänge durchsichtig.

Bei Röhlsberger und seinem Team absorbieren und emittieren die Eisenatome einer jeder Schicht das Röntgenlicht im Gegensatz zu einzelnen Atomen kollektiv. Die Wechselwirkung der Atome in den beiden Schichten führt dabei zu einem quantenmechanischen Effekt, der die Absorption des Röntgenlichts ebenfalls unterdrückt – ganz ohne Hilfslaser. Stattdessen sind nur wenige Lichtquanten erforderlich, um dieses Phänomen herbeizuführen. "Unsere Transparenz von Atomkernen ist quasi der EIT-Effekt im Atomkern", erläutert Röhlsberger die Experimente.

Mit dem neuen Verfahren lässt sich die Emission der Röntgenstrahlung gezielt kontrollieren – und das auf einer grundlegenden, quantenphysikalischen Ebene. Das könnte eine ganz neue Klasse von quantenoptischen Experimenten ermöglichen, glauben die Forscher. So sollte es mit dem geplanten Röntgenlaser European XFEL zum Beispiel möglich sein, Röntgenlicht mit Röntgenlicht zu steuern. Bisher sind die Mittel, diese energiereiche Strahlung zu manipulieren, noch sehr begrenzt.

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