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News: Rums in die Nordsee

Vor der Küste Nordenglands stießen Ölsucher auf einen 20 Kilometer großen Meteoritenkrater. Verborgen unter einer mächtigen Sedimentschicht hat er 60 Millionen Jahre völlig unbeschadet überdauert.
Silverpit I
Unter 40 Metern Nordsee und einigen hundert Metern Sedimenten liegt er verborgen: einer der am besten erhaltenen Meteoritenkrater schlechthin. Schon kurz nachdem der wohl ein paar hundert Meter große Brocken am Ende der Kreidezeit 130 Kilometer vor der Humber-Mündung in Nordengland einschlug, legten sich die tertiären Sedimente über das Loch und sorgten so für den Erhalt des Kraters.

Einziger Nachteil: Für das direkte Studium bleibt die Struktur unerreichbar. Doch mithilfe seismischer Methoden konnten Simon Stewart von British Petroleum in Aberdeen und Philip Allen von der Production Geoscience Limited im englischen Banchory dreidimensionale Abbilder des frisch benannten Silverpit-Kraters erstellen, die den Luftaufnahmen ähnlicher Strukturen an Land in nichts nachstehen.

Das Besondere daran ist, dass der Krater - obgleich er mit 20 Kilometern Durchmesser relativ klein ist - über ein komplexes Ringsystem verfügt. Üblicherweise finden sich diese ringförmigen Störungen nur bei Kratern, die mehr als zehnmal so groß sind.

Das Zentrum des Silverpit-Kraters ist schüsselförmig und hat einen Durchmesser von drei Kilometern. Gleich einem Regentropfen, der in die Pfütze fällt, hoben sich nach dem Einschlag Teile der Erdkruste, schleuderten in vulkanartiger Manier heraus und fielen zum Teil zurück. Was blieb, war ein kleiner Zentralhügel.

Umgeben ist der Zentralkrater von zahlreichen konzentrischen Störungen, an denen die Schichten in Richtung des Zentrums stufenförmig um bis zu 50 Meter abgesackt sind. Sie reichen bis in eine Entfernung von zehn Kilometern, bis wohin die Störungen peu à peu in Grabenstrukturen übergehen. Diese Gräben zeugen von Zerrkräften und entstanden, als das Material von außen nach dem Impakt instabil wurde und in Richtung des tiefen Lochs strebte.

Bleibt die Frage, wie solche komplexen Ringstrukturen in einem so kleinen Krater entstehen konnten. Angesichts der Tatsache, dass es kaum ähnlich gut erhaltene Krater dieser Größe gibt, dürfte sich die Frage relativieren. Anders als an Land - wo die Erosion die meisten Krater ohnehin längst dem Erdboden gleichgemacht hat oder auf dem besten Wege ist, dies zu tun - ist der Silverpit-Krater, verborgen in den Sedimenten unter der Nordsee, vollständig erhalten. Seine Ringsysteme müssen also nichts Ungewöhnliches sein.

Der allerletzte Beweis, dass es sich wirklich um einen Meteoriteneinschlag handelt - Gesteine, denen man den Einschlag eines Asteroiden ansieht -, fehlt allerdings bisher. Immerhin liegt die Struktur in einer Region, wo mächtige Salzlager aus dem Perm aufsteigen, die darüberliegenden Gesteine durchstoßen und im seismischen Abbild unter Umständen so etwas wie einen Krater hinterlassen.

Doch Stewart und Allen arbeiten für die Ölindustrie, und da hofft man, dass sich im Silverpit-Krater einst große Mengen des fossilen Brennstoff sammelten. Bis die ersten Gesteinsproben endgültige Gewissheit schaffen, ist es also nur eine Frage der Zeit.

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