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Mikrobiologie: Schichtarbeit am Goldnugget

In manchen Lebensformen sind uns Bakterien besonders verhasst - schleimige Biofilme wecken nicht gerade positive Assoziationen. Auch im Boden sind Mikroben derart vergesellschaftet. Hier umhüllt sich eine Spezies jedoch außergewöhnlich edel.
Goldnugget
Zu Beginn des Goldrausches musste man sich im australischen Coolgardie lediglich bücken. Denn, so wird erzählt, das begehrte Edelmetall lag direkt zu Füßen und glitzerte verlockend in der Sonne. Auch in den Böden und vor allem in den Bächen der alten Goldminenstadt lockten die Nuggets. Dieses so genannte sekundäre Gold lag nicht immer dort, sondern ist erst bei der Verwitterung primärer Goldvorkommen entstanden.

Goldnugget | Unter dem Rasterelektronenmikroskop sind die mit Gold überzogenen Bakterienhüllen auf der Nuggetoberfläche leicht zu erkennen. Die Foscher haben das Foto nachträglich eingefärbt.
Aus den Böden zweier Goldminen – der Tomakin und der Miss Goldmine – brachten Forscher der Australian National University in Acton Goldnuggets ans Tageslicht. Bei einem genauerem Blick unter dem Elektronenmikroskop entdeckten sie Strukturen, die vor ihnen bereits anderen Forschern ins Auge gefallen waren: Die Oberfläche der bis zu 2,5 Millimeter großen Körner erinnerte an einen Schwamm, bestehend aus winzigen Haufen kleiner, mit Gold überzogener Kügelchen. Dass es sich hierbei um konservierte Bakterienrelikte handelte, konnten die Biologen bestätigen: Es gelang ihnen, in den Kugeln Spuren von Erbsubstanz nachzuweisen – DNA, die wie sich herausstellte, von über dreißig verschiedenen Bakterienspezies stammte. Diese lebten vor langer Zeit in einem Biofilm, der das Metall überdeckte. Besonders eine Mikrobe, so zeigten die Genanalysen, war auf allen untersuchten Goldklumpen heimisch: Ralstonia metallidurans. Doch was genau macht das Bakterium auf all den Goldnuggets?

Ralstonia metallidurans ist bekannt dafür, dass es auch in schwermetall-reicher Umwelt überleben kann. Reith konnte erstmals zeigen, dass das Bakterium im Labor gelöstes Goldchlorid reduziert – und zwar so weit, dass unlösliches, elementares Gold (Au) entsteht. Dabei speist die Mikrobe irgendwie Elektronen in die Verbindung ein. Reith glaubt auch zu wissen, warum das Kleinstlebewesen so verfährt: Es entgiftet seinen Stoffwechsel, denn die lösliche Goldverbindung ist für Ralstonia toxisch, nicht aber das elementare Gold. Tatsächlich beobachteten die Forscher, dass die lebenden Bakterien winzige Goldklümpchen mit sich herumtrugen. Dabei lagerten manche das Edelmetall nur begrenzt knapp unter der Zelloberfläche ab, andere wiederum vergoldeten ihre ganze Zellmembran – letztere deponierten das Metall wahrscheinlich in einem Komplex mit Schwefel und Phosphor.

Reith geht davon aus, dass das Bakterium dasselbe Verhalten auch in der Natur an den Tag legt. Er sieht zunächst eine Reihe von Helfern, andere Bodenbakterien und Pilze, die gelöste Goldverbindungen mit dem Wasser im Boden mobilisieren. So würde oxidiertes Metall (Au+III oder Au+I) erst in entfernte Gebiete gelangen und dort von Ralstonia und anderen Mikroorganismen im Laufe der Jahre mineralisiert. Schicht für Schicht lagern die Bakterien dabei die fast unsichtbaren Goldkörnchen ab. Wenn die Mikroben dann früher oder später zu Grunde gehen, bleiben ihre goldenen Zellmembranen verewigt. Über diese spannt sich dann der Biofilm einer neuen Bakteriengeneration – das Wachstum ähnelt dem eines bakteriellen Korallenriffs, bestehend aus Gold-ummantelten Zellhüllen.

Goldnuggets können also auch durch Biomineralisation entstehen – so nennen die Forscher den mikrobiellen Prozess. Und vielleicht war Ralstonia metallidurans auch tatsächlich der Goldesel in Coolgardie. Mit Sicherheit aber entstammt nicht jeder Goldklumpen der bakteriellen Schmiede. Einige Organismen, so betont Reith, würden aber definitiv Gold herstellen. Was genau passiert, wenn sich Ralstonia in der reichen Erde niederlässt, möchte das Forscherteam nun durchleuchten. Im Prinzip würde es reichen, wenn sie lösliche Goldverbindungen in den Boden kippen, die Bakterien hinzugeben und dann geduldig warten. Wer weiß, vielleicht entstehen dann ja wirklich Goldklumpen. In der Natur dürfte der Prozess jedoch einige Millionen Jahre gedauert haben.

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