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Veterinärmedizin: Schimpansen können an Menschenschnupfen sterben

Im Kibale-Nationalpark sterben regelmäßig Schimpansen bei Epidemien an unbekannten Erregern. Könnten vom Menschen eingeschleppte Schnupfenviren schuld sein?
Drei Schimpansen in der Gruppe

Den Schimpansen im Kibale-Nationalpark in Uganda geht es besser als vielen Artgenossen, die vor allem durch Wilderei und Umweltzerstörung infolge des Klimawandels bedroht sind: Zuletzt berichteten Primatologen etwa über die überraschend hohe Lebenserwartung der Tiere. Allerdings sind auch die Schimpansen des Nationalparks, seit sie von Affenforschern beobachtet werden, einer spürbaren Bedrohung durch eingeschleppte Infektionskrankheiten ausgesetzt, die immer wieder einmal die Zahl der Tiere deutlich reduziert. Und dabei können auch vermeintlich harmlose Viren tödlich sein, wie eine gerade im Fachmagazin "Emerging Infections Diseases" veröffentlichte Studie warnt: Sie zeigt, dass eine bisher unerklärliche Epidemie unter den Menschenaffen im Jahr 2013 – zehn Prozent der Population waren gestorben – offenbar durch ein Schnupfenvirus des Menschen ausgelöst wurde.

Die Wissenschaftler hatten Gewebeproben von im Jahr 2013 verendeten Tieren untersucht und Autopsiedaten ausgewertet. Mit großer Sicherheit, so die Forscher, starb zumindest das damals zweijährige Schimpansenweibchen Betty an einer schweren Lungenentzündung, die durch ein Rhinovirus C verursacht wurde, ein für Menschen eher harmloses, erst vor relativ kurzer Zeit entdecktes Schnupfenvirus. Andere Viren kämen als Todesursache von Betty nicht in Frage, so die Wissenschaftler.

Der Stamm Rhinovirus C ist evolutionsbiologisch recht jung und war auch für Menschen – vor allem Kinder – vor rund 8000 Jahren nicht selten noch lebensbedrohend; damals begannen die frühen Bauernkulturen in deutlich dichteren Siedlungsstrukturen zusammenzuleben. Mittlerweile ist aber wohl rund die Hälfte der Weltbevölkerung immun gegen den Erreger. Sensible Individuen tragen dagegen eine bestimmte Variante des Gens CDHR3, das für einen Rezeptor im Atemtrakt kodiert, an den das Virus bei der Infektion andockt. Solche Menschen sind anfälliger für das Virus und fördern auch seine Ausbreitung.

Tatsächlich scheint dies bei Schimpansen ganz ähnlich zu sein, wie weitere Untersuchungen in der neuen Studie nahelegen: Eine Affenvariante der anfällig machenden CDHR3-Form fanden die Wissenschaftler in DNA-Proben aus dem Kot von 41 Schimpansen des Kibale-Nationalparks mit Krankheitssymptomen. Zudem deuten Daten des panafrikanischen Affen-Genomprojekts darauf hin, dass die anfällig machende Gensequenz auf dem ganzen Kontinent verbreitet sein dürfte. Es sei durchaus denkbar, dass viele der bisher undiagnostizierten Epidemien in afrikanischen Affenpopulationen auf das Konto des Rhinovirus gehen, spekulieren die Forscher. Daher sei es eindeutig geboten, vor einem Kontakt mit den Affen einfachste Hygienemaßnahmen einzuhalten – was sowohl die Forscher vor Ort wie auch Ökotouristen im Nationalpark beherzigen sollten. Denn selbst wer nur einen scheinbar harmlosen Schnupfen habe, könnte für nicht immune Tiere zur tödlichen Gefahr werden.

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