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Hirnforschung: Schlüsselgene für die Gedächtnisbildung identifiziert

Um neue Erinnerungen entstehen zu lassen, müssen Nervenzellverbände im Gehirn synchron miteinander feuern. Nun haben Forscher 300 Gene ausfindig gemacht, die das ermöglichen.
Feuernde Nervenzellen

Wissenschaftlern ist es offenbar gelungen, jene Gene zu identifizieren, die eine wichtige Rolle bei der Bildung von neuen Erinnerungen spielen. Wenn das Gehirn neue Gedächtnisinhalte abspeichert, feuern verschiedene Verbände von Nervenzellen in identischen Frequenzen. Welche Gene diese synchronen Schwingungen in der Aktivität von Neuronen – auch neuronale Oszillationen genannt – beim Menschen regulieren, ist bislang allerdings unbekannt.

Um der Antwort ein Stück näher zu kommen, studierte ein Team um Bradley Lega und Genevieve Konopka vom UT Southwestern Medical Center in Dallas, Texas, nun das Gehirn von 16 Epilepsiepatienten. Die Probanden litten allesamt unter schweren Krampfanfällen. Um diese zu lindern, sollten ihnen Teile des Schläfenlappens chirurgisch entfernt werden. Wie üblich bekamen sie deshalb bereits einige Zeit vor der OP Elektroden unter die Schädeldecke implantiert, mit denen sich die Hirnaktivität besonders genau messen lässt und mit denen man jene Areale bestimmen kann, von denen die Anfälle ausgehen.

Lega, Konopka und ihre Kollegen machten sich das zu Nutze, um zunächst ein paar einfache Gedächtnistests mit den Teilnehmern durchzuführen. Dabei zeichneten sie die Aktivitätsmuster der Nervenzellen detailliert auf. Direkt nach der OP untersuchten die Forscher dann das Hirngewebe, welches den Teilnehmern entfernt worden war, und sequenzierten die Gene, die in den einzelnen Typen von Hirnzellen aktiv waren. In Verbindung mit den zuvor durchgeführten Gedächtnistests konnten sie so insgesamt 300 Gene ausfindig machen, die mit den Oszillationen in Verbindung zu stehen scheinen.

Ausgehend von diesen bestimmten die Wissenschaftler anschließend rund ein Dutzend »Hub-Gene«, die wiederum unterschiedliche Gennetzwerke kontrollierten. An der Spitze all dieser Gene steht offenbar SMAD3, das nach Angaben der Autoren wie eine Art Masterregulator für die Hub-Gene fungiert. Diese waren zudem überraschenderweise nicht in den Neuronen selbst aktiv – sondern in den Gliazellen, die vor allem eine Stütz- und Schutzfunktion ausüben. Sie bilden im peripheren Nervensystem unter anderem die Isolierschicht, welche die Fortsätze von Neuronen umgibt.

Lega und Konopka hoffen, dass die von ihnen identifizierten Gene eines Tages einen Angriffspunkt für die Behandlung von verschiedenen Erkrankungen darstellen könnten, die mit Beeinträchtigungen von Lernfähigkeiten und Gedächtnis einhergehen. Dazu zählen etwa die Alzheimerkrankheit, aber auch Schizophrenie, ADHS und bipolare Störungen. Manche der nun entdeckten Gene seien bereits mit diesen Krankheiten in Verbindung gebracht worden.

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