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News: Schneematsch auf Europa

Die bisher detailgetreuesten Aufnahmen vom Jupitermond Europa bieten weitere Hinweise auf die Existenz von Schneematsch unter der eisigen Oberfläche des hellen Trabanten. Möglicherweise existiert sogar flüssiges Wasser auf dem Mond.
Dieses erklären Planetenwissenschaftler von der Brown University und der NASA nach ihrer Analyse der neuesten Daten von der Raumsonde Galileo.

Europa ist etwas kleiner als unser Erdmond, aber um ein Vielfaches heller. Seine eisige Oberfläche fasziniert die Wissenschaftler, seit die Raumfähren der Voyager-Missionen 1979 das Jupitersystem durchflogen haben. Europa hat eine Oberflächentemperatur von etwa -160 oC, so daß der Mond einen Ozean über mehrere Millionen Jahre im tiefgefrorenen Zustand an sich binden könnte. Dennoch glauben einige Wissenschaftler mittlerweile, daß die Wärme aus den Gezeitenkräften, die vom Jupiter und den anderen Monden auf Europas Eisdecke ausgeübt werden, ausreichend sein mag, um große Teile des Wassers im flüssigen Aggregatzustand zu halten.

Die neuesten Bilder wurden im Dezember 1997 durch Galileo aufgenommen und erreichten erst vor kurzem die Erde. Sie enthalten drei Schlüsselindizien, die zeigen, daß Europa schon in geringer Tiefe unter der eisigen Kruste matschig sein kann und möglicherweise in größerer Tiefe sogar noch wärmer ist. Zu den Hinweisen zählen unter anderem ein seltsam flacher, durch einen Aufprall entstandener Krater, klobig strukturierte Oberflächen, die Eisbergen gleichen, sowie Lücken an jenen Stellen, an denen sich offenbar eine neue eisige Kruste zwischen Eisplatten gebildet hat, die so groß wie Kontinente sind.

Einige der neuen Bilder zeigen das flache Zentrum des Kraters Pwyll. Aufprallspuren und Trümmer, die über einen großen Teil des Mondes verteilt sind, deuten darauf hin, daß vor relativ kurzer Zeit (vor etwa 10-100 Millionen Jahren) ein Meteorit auf Europa gefallen sein muß. Die dunkleren Trümmer um den Krater herum legen nahe, daß der Aufprall tief unten gelegenes Material an die Oberfläche gebracht hat. Doch das flache Becken des Kraters und die hohen Bergspitzen bedeuten möglicherweise, daß das Oberflächeneis ausreichend warm war, um zusammenzubrechen und das tiefe Loch auszufüllen, meint Geoffrey Collins von der Brown University.

Ein Ozean unter der Oberfläche, der ausreichend warm ist, um Schneematsch zu bilden, könnte auch die Ursprünge eines Territoriums erklären, das als "Chaosgebiet" bezeichnet wird. Es ist übersät mit zerbrochenen und runden Krustenblöcken von der Größe mehrerer Häuserblöcke. Die neuen Bilder zeigen zwischen den zerklüfteten Klumpen rauhes und wirbelförmiges Material, das vielleicht in jenem Matsch festgehalten wurde, der bei den äußerst geringen Oberflächentemperaturen gefroren ist.

Betrachtet man Europa globaler, so gleiten anscheinend große Eisplatten über das erwärmte Innere des Mondes. Dieser Prozeß ähnelt sehr den Wanderungen der Kontinentalplatten auf der Erde.

Die jüngsten Aufnahmen von Europa zeigen, daß die dunkleren, keilförmigen Lücken zwischen den Eisplatten viele Gemeinsamkeiten mit neuer Krustenbildung am Mittelozeanischen Rücken auf dem Meeresgrund der Erde haben. Die neue Kruste, die zwischen den sich teilenden Platten auf Europa hervorquillt, entstand nach Meinung der Forscher aus zunächst matschigem Eis oder möglicherweise flüssigem Wasser, das gefroren und zerbrochen ist.

"Nimmt man alle Beweise zusammen, so unterstützen sie die Hypothese, daß in Europas jüngster Geschichte an mehreren unterschiedlichen Stellen unter der Oberfläche flüssiges oder zumindest teilweise flüssiges Wasser in geringen Tiefen existierte", sagt James Head, Professor für Geowissenschaften an der Brown University und Leiter einer Gruppe des Galileo-Forschungsteams. "Die Kombination von Hitze im Inneren, flüssigem Wasser und einfallendem organischen Material von Kometen und Meteoriten bedeutet, daß Europa über die wichtigsten Zutaten für die Entstehung von Leben verfügt", erklärt er. "Europa ist, wie der Mars und der Saturn-Mond Titan, ein Laboratorium zum Studium der Bedingungen, die zur Bildung von Leben im Sonnensystem geführt haben könnten."

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