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Hochgebirge: Schon binnen Stunden ändert sich das Blut

Klassisches Höhentraining soll die Zahl der roten Blutkörperchen erhöhen. Dabei stellt sich ein anderer Effekt viel schneller ein - und bleibt sogar langfristig bestehen.
Bergsteigen in dünner Luft

Wen es erstmals in Höhenlagen über 3000 Meter verschlägt, der bekommt schnell zu spüren, was mangelnde Sauerstoffversorgung heißt: An sportliche Aktivität ist kaum zu denken. Wer jedoch einige Wochen zuvor in dünner Luft übernachtet hat, dem dürfte die Rückkehr ins Gebirge merklich leichter fallen. Grund dafür sind Veränderungen in den roten Blutkörperchen, die schon nach unerwartet kurzer Gewöhnungsphase auftreten und über Wochen, wenn nicht Monate erhalten bleiben. Das fanden jedenfalls Forscher um Robert Roach von der University of Colorado in Aurora im Rahmen des Forschungsprojekts AltitudeOmics heraus.

Roach und Kollegen schickten 21 Sportler in die bolivianischen Anden und suchten nach Höhenanpassungen in deren Blut. Schon nach Stunden auf über 5000 Meter Höhe konnten die Forscher erste Anzeichen für eine beginnende Anpassung an die dünne Luft dingfest machen. Die Veränderungen waren während der gesamten Zeit nachweisbar, die die Probanden unterhalb des Gipfels verbrachten. Nach Ablauf dieser maximal 17-tägigen Phase waren die Freiwilligen gut genug an die Höhe gewöhnt, um einen Aufstieg zum 5421 Meter hohen Chacaltaya zu absolvieren.

Anschließend wurden sie ins Tal zurückgebracht, wo sie eine Woche lang ausharrten, um dann erneut ins Höhenlager zurückzukehren. Wie die Forscher beobachteten, akklimatisierten sich die Teilnehmer jetzt erheblich schneller: Den Aufstieg zum Gipfel konnten sich nun schon bereits nach einer Nacht durchführen. Auch die Stoffwechselveränderungen in ihren roten Blutkörperchen waren erhalten geblieben.

Das Team um Roach hatte gezielt nach diesen Veränderungen gesucht. Bei Sauerstoffmangel schalten offenbar bestimmte Regelungskreise in den roten Blutzellen in eine Art Sonderbetriebsmodus um, so dass mehr Sauerstoff aufgenommen und zu den Muskeln transportiert werden kann. Den verantwortlichen Mechanismus hatten Wissenschaftler bereits an Blutproben im Labor entdeckt, bislang war er aber noch nicht im Körper nachgewiesen worden. In ihrer Studie konnten sie belegen, dass die Anpassung mindestens eine Woche bestehen bleibt. Vermutlich profitiere man jedoch deutlich länger davon – womöglich sogar bis zu 120 Tage, die die Blutkörperchen im Schnitt leben. Das würde sich dann auch mit den Berichten von Bergsteigern decken, die nach kurzen Aufenthalten im Hochgebirge eine anschließende Verbesserung ihrer Höhentoleranz bei künftigen Touren an sich feststellten.

Den Effekt dünner Luft auf unser Blut nutzen Sportler auch beim klassischen Höhentraining. Es soll fitter und leistungsfähiger machen, angeblich weil die Zeit in der Höhe die Blutzellenproduktion ankurbelt. Eine solche Umstellung kann jedoch grundsätzlich erst nach Wochen auftreten, da es so lange dauert, die roten Blutkörperchen zu produzieren. Die schnelle Gewöhnung an die Höhe, wie sie Bergsteiger oder Sportler gleichermaßen erleben, dürfte darum nicht auf diesem Mechanismus beruhen – sondern vermutlich eher auf der von Roach und Kollegen beobachten Umstellung in den roten Blutkörperchen selbst.

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