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Bionik: Schwalbenschwänziger Hochleistungsstrahler

Wonach Optoelektroniker lange suchten, existiert bereits seit Jahrmillionen im Tierreich: Schmetterlingsflügel reflektieren und bündeln Licht wie moderne LEDs.
Peter Vukusic mit seinen Schmetterlingen
Wie viele Millionen oder gar Milliarden Euro an Forschungsgeldern hätten sich Hightech-Unternehmen oder Forschungseinrichtungen sparen können, hätten sich deren Ingenieure nur einmal genauer in der Natur umgesehen? Um Licht emittierende Dioden – kurz LEDs – effizienter zu machen, entwickelte ein Heer von Tüftlern in jahrelangen Laborversuchen so genannte photonische Kristalle. Diese mikrostrukturierten Gebilde sind für die Optik das, was Halbleiter für die Elektronik bedeuten: Durch ihren regelmäßigen Aufbau, deren Strukturen in der Wellenlänge von Licht liegen, besitzen sie sozusagen eine optische Bandstruktur, die sie für gewisse elektromagnetische Strahlungen undurchlässig machen. Welche das genau ist, hängt von der genauen Bauform ab. In Kombination mit einer Geometrie, die sich Verteilter-Bragg-Reflektor nennt, reflektieren sie zugleich einige Farben außerordentlich effizient.

Schwalbenschwanzfalter | Drei verschiedene Falter der Spezies Papilio nireus, die jeweils Fluoreszenzlicht nach der Methode von Hochleistungsdioden abstrahlen
Wären die Entwickler nur mit offenen Augen durch die Welt gelaufen, hätten sie lernen können, dass photonische Kristalle und Bragg-Reflektoren für die Natur nichts Neues sind. Im Gegenteil: Die Konstrukteure dieser Technik flogen ihnen wohl bereits des Öfteren vor der Nase herum. Denn Pete Vukusic und Ian Hooper von der britischen Universität Exeter stellten nun fest, dass das schillernde Farbenspiel einiger Schmetterlinge auf den gleichen Mechanismen beruht, wie die Lichtführung in modernen LEDs. Sie begutachteten die Flügel der afrikanischen Schwalbenschwanz-Gattung Papilio nireus.

Teil eines Flügels eines Schwalbenschwanzfalters | Vergrößerte Darstellung eines Flügels der Schmetterlingsart Papilio nireus
Den beiden Physikern fiel dabei auf, dass die grünen und blauen Flecken der ansonsten eher schwarzen Tagfalter das Licht wunderbar reflektierten. Unterm Elektronenmikroskop entdeckten sie dann warum: Die Oberhaut der schillernden Schuppen der Tiere besteht aus einer Unzahl dicht an dicht liegender, relativ regelmäßiger Poren, die einen Durchmesser von nur wenigen hundert Nanometern haben und eine Tiefe von etwa zwei Mikrometer. Sie enthalten gleichzeitig eine Vielzahl von fluoreszierenden Pigmenten und bilden so eine Art natürlicher photonischer Kristall. Darüber hinaus bestehen die Schuppen aus einer dreilagigen Hautschicht, die Licht ähnlich gut zurückwirft, wie der Bragg-Reflektor einer LED.

Fluorezierende Schuppe eines Schwalbenschwanzfalters | Mikroskopische Aufnahme einer fluoreszierenden Schuppe vom Flügel des Schmetterlings Papilio nireus: Die Farben entstehen durch eine Kombination aus Nanometer großen, regelmäßigen Strukturen auf der Oberhaut der Schuppe, die zugleich wie ein so genannter Bragg-Reflektor wirken. Ähnliche Strukturen sorgen in hocheffizienten Leuchtdioden für helles Licht.
Am effektivsten arbeitet die quasikristalline Struktur bei einem nahen ultravioletten Licht mit einer Wellenlänge um die 420 Nanometer, das zu einer Fluoreszenz von grünem Licht mit einer Wellenlänge um 505 Nanometer führt. Das ist sehr sinnig, da die optische Wahrnehmung dieser Schmetterlinge in diesem Spektralbereich besonders ausgeprägt ist.

Für Techniker lohnt es sich also durchaus, den Laborplatz ab und zu einmal zu verlassen und sich aufmerksam in der freien Natur umzusehen. Auch wenn der Chef die Nase rümpft und dafür wenig Verständnis zeigt. Wer weiß, worüber man sonst noch stolpert?

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