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News: Schwebe-Hokuspokus

Copperfield und seine Kollegen können einpacken. Denn Wissenschaftlern gelang es jetzt, eine Goldmünze, ein Stück Blei und einen Siliciumkristall zum Schweben zu bringen - ganz ohne versteckte Drähte und doppelten Boden.
Magnetische Levitation
Spätestens wenn wir stolpern und fallen, wird uns schmerzlich bewusst, dass es da eine Kraft gibt, die uns am Boden hält. Und sicherlich hat der eine oder andere schon mal davon geträumt, die Schwerkraft einfach auszuschalten. Doch das ist leider nicht möglich – oder?

Aled Catherall und seine Kollegen von der University of Nottingham scheinen diese Aussage Lügen zu strafen. Denn ihnen gelang es, verschiedene Gegenstände der Schwerkraft zum Trotz in der Schwebe zu halten.

Aber es handelte sich natürlich nicht um einen Fall von Magie. Vielmehr griffen die Forscher für ihren "Zaubertrick" auf ein räumlich variierendes, zwischen 0,7 und 2 Tesla starkes Magnetfeld zurück.

Denn alle schwebenden Stoffe waren diamagnetisch: Das heißt unter Einwirkung eines starken Magnetfeldes, wurden sie selbst leicht magnetisch, wobei aber ihr Feld dem äußeren genau entgegengesetzt gerichtet war. Eine diamagnetische Substanz wie zum Beispiel Wasser versucht sich also von einem Magneten abzustoßen und könnte theoretisch auch schweben. Wenn nur das äußere Feld stark genug ist.

Genau das ist allerdings das Problem. Im Vakuum muss es schon außerordentlich stark sein. Doch reiner Sauerstoff – so stellten die Forscher jettz fest – kann äußerst anregend auf den Schwebezustand wirken. Denn dieses Gas ist wiederum paramagnetisch. Das heißt, es wird unter Einwirkung eines starken Magnetfeldes ebenfalls selbst magnetisch, aber verstärkt ganz im Gegensatz zu Diamagneten das äußere Feld.

Und tatsächlich gelang es auf diese Weise, auch schon früher relativ dichte diamagnetische Stoffe wie schlichtes Kochsalz mit einem starken Magneten unter Einwirkung eines vergleichsweise niedrigen Feld anzuheben – allerdings nur unter großem Druck.

Catherall und seine Kollegen versuchten, den Aufwand zu verringern, aber gleichzeitig die Wirkung zu vergrößern. Dabei machten sie sich zwei Effekte zu Nutze. Zum einen wird Sauerstoff umso magnetischer, je kälter er ist. In der Nähe seines Siedepunkts bei Temperaturen von 90 Kelvin verstärkt er also das äußere Feld viel besser.

Zum anderen wird er gleichzeitig auch viel dichter. Die Gegenstände erfahren also zusätzlich einen Auftrieb, welcher der Schwerkraft entgegen wirkt. Das ist das gleiche Phänomen, das wir beim Schwimmen erfahren. Schließlich fühlen wir uns im Wasser ja auch irgendwie leichter – und umso schwerer, wenn wir wieder hinaus müssen.

Erst diese beiden Effekte zusammen – die Verstärkung des Magnetfeldes und der Auftrieb – lassen selbst dichteste diamagnetische und sogar einige leicht paramagnetische Stoffe in einem offenen mit flüssigem Sauerstoff gefüllten Zylinder schweben, wenn sie einem variierenden Magnetfeld ausgesetzt sind.

Für die Industrie dürfte dabei vor allem interessant sein, dass je nach Dichte und magnetischer Eigenschaften die einzelnen Gegenstände auf ganz unterschiedlicher Höhe schweben. Es ließen sich also theoretisch auf diese Weise diamagnetische Mineralien voneinander trennen.

Außerdem bildeten sich an Oberfläche des vor sich hin köchelnden Sauerstoffs regelmäßige, kristallähnliche Strukturen, die sich mit der Stärke des Magnetfeldes veränderten. Möglicherweise ließen sich daran Theorien über die Kristallbildung – ein "heißes" Thema in den Materialwissenschaften – experimentell testen.

Und vielleicht greift ja auch ein Zauberer mit Zugang zu flüssigem Sauerstoff dieses Experiment auf. Der Beifall und das Erstaunen des Publikums wären ihm sicherlich gewiss.

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